Genese der globalen und europäischen Flucht- und Asylpolitik

Prof. Dr. Petra Bendel, Universität Erlangen-Nürnberg

Zum Thema „Genese der globalen und europäischen Flucht- und Asylpolitik“ wurde von Prof. Dr. Petra Bendel im zweiten Einführungsvortrag referiert. Prof. Dr. Bendel hat Politikwissenschaften studiert und ist Geschäftsführerin des Zentralinstituts für Regionenforschung der Friedrich-Alexander- Universität Erlangen-Nürnberg. 2008 habilitierte sie im Bereich der Migrations- und Integrationspolitik der Europäischen Union.
Kürzlich wurden neue Gesetze, Instrumente und Maßnahmen von der Europäischen Union beschlossen, welche Frau Bendel einer kritischen Prüfung unterzieht. Diese selbstbestimmten Normen der EU, wie Achtung der Menschenwürde und - rechte, Werte der Solidarität und geteilter Verantwortung, wurden in der Vergangenheit vernachlässigt und sollen nun wieder in den Fokus der Politik rücken. Die Wissenschaft nimmt hierbei eine beratende und analysierende Funktion auf allen politischen Ebenen ein. Dabei stehen die Prüfung der Effektivität sowie die Betrachtung von Machtverschiebungen bei der Implementierung von Maßnahmen der EU im Vordergrund. Hierzu untersucht Frau Bendel drei Kernaspekte der strategischen Leitlinie der europäischen Agenda für Migration vom 13.05.15:
1. Kooperation mit Herkunfts-/Transitländern
2. Bekämpfung so genannter Schleusernetzwerke
3. Solidarität der Mitgliedsstaaten

1. Bereits vor 3 Jahren waren die Flüchtlingsströme vorhersehbar, da Auffanglager in Nordafrika und im Nahen Osten überfüllt waren. Hinzu kam, dass humanitäre Zahlungen der EU gekürzt wurden, was zu verheerenden Missständen führte, wie beispielsweise schlechte medizinische Versorgung, zunehmende Kinderarbeit und Zwangsehen. Das draus resultierende Elend ist als einer der Hauptauslöser für erste Flüchtlingsströme nach Europa anzusehen.

2. In letzter Zeit rückt die Bekämpfung der Schleppernetzwerke vermehrt ins Zentrum der europäischen Außengrenzsicherung. Diese werden zuerst überwacht und im nächsten Schritt finden Verhaftungen und Bootzerstörungen statt. Auf Basis der Bedrohung der internationalen Sicherheit erlaubt ein Mandat des UN-Sicherheitsrates seit 2015 die Kontrolle von Booten vor der lybischen Küste für eine begrenzte Zeit. Schmuggel geht nach dem Sicherheitsrat mit Terror einher und muss somit unterbunden werden.
Frau Bendel wirft in diesem Zusammenhang die Fragen auf, inwieweit der Schutz der Flüchtlinge noch berücksichtig wird und ob es zu einer Militäreskalation im Mittelmeer kommen wird. Zusätzlich stellt sie die Effektivität der Bekämpfung in Frage und weist auf das Ausweichen der so genannten Schlepper auf gefährlichere Routen hin, da es keine legalen und sicheren Wege in die EU gibt.

3. Um Solidarität der Mitgliedsstaaten zu erreichen ist ein gemeinsames europäisches Asylsystem von Nöten, da zurzeit kaum ein legaler Zugang in die EU möglich ist, außer über den Arbeitsmarkt.
Geplant ist eine anteilige Umverteilung der Flüchtlinge auf die EU-Mitgliedsstaaten anhand der jeweiligen Bevölkerungsgröße, BIP und Arbeitslosenquote, als Ablösung des maroden Dublin-Verfahrens. Jedoch regt sich gegen eine obligatorische Umverteilung heftiger Widerstand in den osteuropäischen Ländern.
Der politische Umgang mit den Flüchtlingen hält sich immer mehr in dem Bereich der Verteidigungspolitik auf, statt ursprünglich in der Innen- und Sicherheitspolitik. Auf diesen Bereich ist das Mitwirkungsrecht des EU Parlaments nicht ausgeweitet, wodurch die Transparenz verloren geht.
Es muss legale und sichere Fluchtwege nach Europa geben und auch ist eine Kopplung mit der Entwicklungspolitik unabdingbar.

(Text: Andrea Neumüller, Aida Wilcke, Katharina Oschmann)