Forschungsprofil der Juristischen Fakultät

Rechtswissenschaftliche Forschung ist weiterhin in starkem Maße Einzelforschung und genießt als solche auch einen hervorragenden Ruf. Die Ergebnisse dieser Forschung schlagen sich nicht nur in Monographien, sondern vor allem in Kommentaren, Lehr- und Handbüchern nieder, d.h. in Publikationsformen, die rechtswissenschaftliche Forschung bündeln und durch Systematisierung zugänglich machen. Sie sind häufig das Ergebnis vernetzter nationaler und internationaler Forschung, einer spezifisch juristischen Form der Verbundforschung. Alle Mitglieder der Fakultät sind in solcher Einzelforschung engagiert.


Eine weitere Besonderheit rechtswissenschaftlicher Forschung in Deutschland liegt darin, dass rechtswissenschaftliche Expertise in nahezu allen Bereichen von Politik und Gesellschaft nachgefragt wird. Zahlreiche Mitglieder der Fakultät bringen in verschiedensten Beratungszusammenhängen ihr Fachwissen in Verbände, Stiftungen, Kirchen, Vereine und Kammern ein. Sie nehmen auf diese Weise Einfluss auf die Steuerung der gesellschaftlichen Wirklichkeit und erhalten zugleich Einblicke in die aktuellen Rechtsprobleme der Gesellschaft. Darüber hinaus kommt die Vernetzung der Göttinger Fakultät mit der Praxis auch darin zum Ausdruck, dass Mitglieder der Fakultät als Richter in Spruchkörpern dienen: Christine Langenfeld und Andreas Paulus sind Richter des Bundesverfassungsgerichts, Olaf Deinert ist ehrenamtlicher Richter am Bundesarbeitsgericht und Kai Ambos ist Richter am Sondergericht für Kosovo.


Rechtswissenschaftliche Forschung in Göttingen findet in zunehmendem Maße auch als so-genannte Verbundforschung, d.h. im institutionellen Zusammenwirken mit anderen Wissenschaftlern etwa in Forschergruppen, Graduiertenkollegs und Sonderforschungsbereichen statt. Fakultätsmitglieder sind an einer Reihe solcher Verbundforschungsvorhaben, wie beispielsweise an der DFG-Forschergruppe zu Cultural Property (Tobias Stoll), am DFG-Graduiertenkolleg "Expertenkulturen des 12. bis 18. Jahrhunderts" (Eva Schumann) oder der DFG-Forschergruppe „Der Protestantismus in den ethischen Debatten der Bundesrepublik 1949-1989“ (Michael Heinig) sowohl in der Universität als auch mit anderen Hochschulen und Forschungseinrichtungen beteiligt.


Das Forschungsprofil der Juristischen Fakultät zeichnet sich durch eine starke Akzentuierung einzelner Spezialgebiete der Rechtswissenschaft aus. Sie hat in ihrem Entwicklungsplan folgenden Forschungsschwerpunkten besonders hervorgehoben: Die Verrechtlichung überstaatlicher Strukturen und Rechtstransfer, die Stellung des Menschen in Medizin und Familie sowie das Medienrecht in der Informationsgesellschaft. Durch Querverbindungen innerhalb der Universität und der Fakultät ist es gelungen, in speziellen Bereichen Kompetenzen zu entwickeln und gegenüber anderen Juristischen Fakultäten besondere Merkmale zu begründen. Das gilt neben den genannten Forschungsschwerpunkten auch für die Grundlagenfächern, denen die Fakultät eine große Zahl an Lehrstühlen (Rechtsgeschichte, Rechtsphilosophie, Staatslehre, Kirchenrecht) gewidmet hat. Die Bedeutung der Grundlagenfächer hat sie durch Änderungen ihrer Prüfungs- und Schwerpunktbereichsordnung auch im Studium gestärkt. Eine Alleinstellung in Deutschland besteht ferner im Bereich des Landwirtschaftsrechts, dem eine Stiftungsprofessur gewidmet.


Die Fakultät ist schließlich Träger neuerer Forschungseinrichtungen an der Universität geworden, wie dem Göttingen Centre for Digital Humanities (GCGH) oder dem Centre for Modern East Asian Studies (CeMEAS). Es bestehen auch enge Verbindungen der Juristischen Fakultät zur Göttinger Akademie der Wissenschaften. Zu nennen sind die juristische Akademiekommission „Die Funktion des Gesetzes in Geschichte und Gegenwart“ (Vorsitzende: Eva Schumann) sowie das von der Union der deutschen Akademien geförderte Erschließungsprojekt „Die Akten des Kaiserlichen Reichshofrats“ (Projektleitung: Wolfgang Sellert).


Forschungsvorhaben von Nachwuchswissenschaftlern, wie Promotionen und Habilitationen, werden an der Fakultät strukturiert und engmaschig betreut; die Fakultät ist Mitglied der Göttinger Graduiertenschule für die Gesellschaftswissenschaften (GGG).


Die Göttinger Fakultät zeichnet sich besonders durch einen überdurchschnittlichen Internationalisierungsgrad aus. Die Fakultät hat im Dezember 2010 eine Internationalisierungsstrategie beschlossen, deren Umsetzung gut voranschreitet. Eine zu diesem Zweck eingesetzte Arbeitsgruppe tagt regelmäßig. In enger Verflechtung zu den wesentlichen und Sie organisiert einen deutschsprachigen Magisterstudiengang für ausländische Graduierte und unterhält eine Reihe von internationalen Forschungskooperationen. Damit korrespondiert der Aufbau eines Dozentenprogramms im ausländischen, vergleichenden und internationalen Recht durch die Einbindung ausländischer Wissenschaftler. Einen Schwerpunkt bilden die Kooperationen mit juristischen Fakultäten im asiatischen Raum: Neben der langjährigen und institutionalisierten Kooperation mit Nanjing (China), die 2010 mit der Gründung des Deutsch-Chinesischen Instituts für Rechtswissenschaft nochmals vertieft worden ist, sollen die teilweise erst in jüngerer Zeit eingegangenen Kooperationen mit der Seoul National University, der Yonsei-University und dem Korean Institute of Criminology (Seoul) sowie der Tohoku Universität (Sendai) und der Kansai Universität (Osaka) in Japan in den kommenden Jahren weiter ausgebaut werden. Es kommen neuere Kooperationsvereinbarungen mit den Universitäten Sao Paulo und Wuhan hinzu. Im Aufbau befindet sich auch die Forschungskooperation mit der Juristischen Fakultät der Hebrew University Jerusalem, die besonders in den Bereichen des Medizinrechts, des Völkerstrafrechts, der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts gesucht wird. Die Fakultät hat Lehr- und Forschungskooperationen mit den Juristischen Fakultäten, der ELTE Universität Budapest und der Kant-Universität Kaliningrad. Die Juristische Fakultät beteiligt sich zudem im Legal Research Network, einem Netzwerk, dem die Juristischen Fakultäten der U4-Gruppe und der Universitäten Bristol, Budapest, Lille und Turku angehören.


Nationale Kooperationen bestehen in Form des Kirchenrechtlichen Instituts der EKD, des Kompetenzzentrums für Versicherungswissenschaften in Hannover und des Instituts für Notarrecht mit der Notarkammer für den Oberlandesgerichtsbezirk Celle.