Dr. Florian Siegl: Karin Stenberg als Erzählerin

Die Umesaamin Karin Stenberg (1884-1969) aus der Gegend von Arvidsjaur/Árviesjávrrie war zweifelsfrei eine prominente Persönlichkeit der frühen saamischen politischen Bewegung Schwedens (dazu z. B. Lantto 2000). Neben ihrem politischen Engagement war Karin Stenberg außerdem als unermüdliche Bewahrerin der waldsaamischen Kulturgeschichte wie zum Beispiel der Erhaltung des alten saamischen Kirchendorfs Lappstaden in Arvidsjaur (Manker & Hvarfner 1969) oder der vüölle/jojk Tradition (dazu z. B. Stoor 2007) bekannt. Weiterhin war Karin Stenberg Anlaufstelle und Kontaktvermittlerin für Generationen von zumeist schwedischen Ethnologen, Folkloristen und Sprachwissenschaftlern, trat dabei aber auch immer wieder selbst als Mitteilerin auf (z. B. Manker 1968, Erikson & Korhonen 2017). Während Karin Stenbergs Stimme in der einschlägigen folkloristischen Literatur prominent vertreten ist, ist ihr Talent als Geschichtenerzählerin in ihrer Muttersprache Umesaami allerdings nahezu vollständig übersehen worden (dazu bereits Siegl 2017a). Dies steht natürlich im direkten Zusammenhang mit der katastrophalen Primärdatenlage zum Umesaami (Siegl 2017b), da im Hinblick auf Texte de facto weiterhin Lars Sjulssons Idiolekt (der einst von Wolfgang Schlachter dokumentiert wurde, siehe Schlachter 1958) aus Malå/Máláge dominiert.

Die wohl umfangreichsten Aufnahmen von Karin Stenbergs umesaamischen Erzählungen finden sich im unveröffentlichten Nachlass des schwedischen Fennisten Trygvve Sköld (1922-2012), der Karin Stenbergs Talent 1963 in Arvidsjaur festhalten konnte, diese Tonbandaufnahmen aber selbst nie weiter bearbeitet hatte (Siegl 2017a). Unter Verwendung dieser Aufnahmen, die zwischen 2015-2017 in Zusammenarbeit mit zwei umesaamischen „rememberers“ Lars Stenberg und Ingvar Larsson in Arvidsjaur transkribiert und übersetzt wurden, wird dieses übersehene Talent Karin Stenbergs im Vortrag mit Tonbeispielen erstmalig dezidiert vorgestellt.

Literatur
Erikson, Ivan & Korhonen, Olavi (eds.) 2017. Edvin Brännströms uppteckningar från Arvidsjaur och Arjeplog. Acta Academiae Regiae Gustavi Adolphi CXLV. Uppsala.
Manker, Ernst 1968. Skogslapparna i Sverige. Acta Lapponica XVIII. Stockholm.
Manker, Ernst & Hvarfner, Harald 1969. Lappstaden i Arvidsjaur. Luleå
Lantto, Patrik 2000. Tiden börjar på nytt: en analys av samernas etnopolitiska mobilisering i Sverige 1900–1950. Kulturens frontlinjer: Skrifter från forskningsprogrammet Kulturgräns norr 32. Umeå: Umeå universitet.
Schlachter, Wolfgang 1958. Wörterbuch des Waldlappendialektes von Malå und Texte zur Ethnographie. Lexica Societatis Fenno-Ugricae XIV. Helsinki.
Siegl, Florian 2017a. Tryggve Sköld och umesamiskan — intryck från en oavslutad språkdokumentation. Norsk Lingvistisk Tidsskrift 35. 252–290.
Siegl, Florian 2017b. Ume Saami — the forgotten language. Études Finno-Ougriennes 48. DOI: 10.4000/efo.7106
Stoor, Krister 2007. Juoiganmuitalusat. Jojkberättelser. En studie av jojkens narrativa egenskaper . Sámi Dutkan 4. Umeå: Umeå universitet.