Sporen als Überlebenskünstler und multifunktionale Proteine
Nr. 17.3 - 12.04.2023
Göttinger Wissenschaftler an HFSP-geförderten Forschungsprojekten beteiligt
Wissenschaftler der Universität Göttingen sind an zwei internationalen Forschungsvorhaben beteiligt, die das Human Frontier Science Program (HFSP) mit Research Grants fördert und die an anderen Universitäten koordiniert werden: Der Biophysiker Prof. Dr. Andreas Janshoff von der Fakultät für Chemie wird gemeinsam mit Forschenden der University of Warwick (Projektleitung), der Hebrew University of Jerusalem und der Columbia University den Ruhezustand und das Erwachen von Sporen bakteriellen und pilzlichen Ursprungs untersuchen. Der Neurobiologe Prof. Dr. Martin Göpfert von der Fakultät für Biologie und Psychologie wird gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der University of Leicester (Projektleitung), der University of Toronto und der Cornell University New York zur Evolution der Multifunktionalität von Proteinen forschen.
Projekt „When the going gets tough: Trans-kingdom spore dormancy and revival mechanisms across scales“
Als Reaktion auf ungünstige Bedingungen wie Wasser- oder Nährstoffmangel ziehen sich Organismen im gesamten Stammbaum des Lebens in einen Ruhezustand in Form von Sporen zurück. Sporen von Bakterien, Pilzen und Pflanzen sind die widerstandsfähigsten Zelltypen, die wir kennen, und damit wahre Überlebenskünstler. Sie können nach einer Ruhephase von mehreren Jahren wieder aktiv wachsen, was große Auswirkungen auf die Umwelt hat. Es ist jedoch noch unbekannt, wie lebendig die ruhenden Sporen sind und wie sie so schnell wieder aufleben.
Das Forschungsteam wird den Energieverbrauchs der Sporen und die mechanischen Eigenschaften ihrer Außenhüllen in den jeweiligen Stadien mithilfe genetischer, und mikroskopischer Methoden sowie Techniken des maschinellen Lernens untersuchen. Ziel ist es, den Übergang von toter zu lebender Materie besser zu verstehen. Prof. Janshoff und seine Arbeitsgruppe kombinieren hochauflösende Mikroskopie mit rheologischen Methoden, um die mechanischen Eigenschaften auf verschiedenen Längenskalen aufzuklären. Zudem wollen sie den Zustand der Sporen während des „Erwachens“ dokumentieren.
Projekt „Evolution of protein multifunctionality“
Proteine können multifunktional sein und mit ihrer Polypeptidkette verschiedene Funktionen im Organismus übernehmen. Solche Multifunktions-Proteine sind unterschiedlichen evolutiven Drücken ausgesetzt, wobei die Selektion einer Funktion die anderen Funktionen stören kann, insbesondere wenn sich die verschiedenen Funktionen überlappen.
Den zugrundeliegenden Trick will das internationale Forschungsteam aufklären, anhand eines super-multifunktionalen Fruchtfliegen-Opsins. Dies ist ein Sehpigment und wirkt als Geschmacksrezeptor, organisiert mechanosensorische Zellen und reguliert zudem noch die Verteilung von Membranlipiden. Wie die Natur mit diesem Protein spielt – und wie das Protein damit umgeht – , wird Prof. Göpfert mit seiner Arbeitsgruppe mittels gezielter Mutationen (gerichteter Mutagenese) und Funktionsanalysen untersuchen. Hauptaugenmerk liegt darauf, wie Hotspots natürlicher Selektion die verschiedenen Proteinfunktionen beeinflussen, ohne grundlegende Proteineigenschaften wie Faltung, Reifung und Transport zu stören.
Einen HFSP Research Grant haben auch Prof. Dr. Fred Wolf von der Universität Göttingen und vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation sowie Pawel Burkhardt vom Michael Sars Centre der Universität Bergen, Norwegen, erhalten. In ihrem Projekt, das in Göttingen koordiniert wird, suchen sie nach den evolutionären Ursprüngen des Gehirns. Mehr Informationen dazu sind unter www.uni-goettingen.de/de/3240.html?id=7046 zu finden.