10/11/2010: Der Arbeitsmarkt aus Sicht der Wirtschaftsweisen
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat sein Jahresgutachten vorgelegt. In Bezug auf den Bereich Arbeitsmarkt und Beschäftigung kommen die fünf Wirtschaftsweisen zu folgenden Ergebnissen, Einschätzungen und Bewertungen.
- Beschäftigungsentwicklung:
Die Anzahl der Beschäftigten in Normalarbeitsverhältnissen (unbefristete sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigung ohne Zeitarbeit) hat sich im Jahr 2009 gegenüber dem Vorjahr um 0,3 Prozent erhöht (S. 265). Für 2010 und 2011 wird eine weitere Zunahme der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung erwartet (S. 62).
Im Jahr 2009 ist die Zahl der atypisch beschäftigten Erwerbstätigen gegenüber dem Vorjahr um 1,7 Prozent gesunken. Den größten Rückgang hat es in der Leiharbeit (-8,5 %) gegeben, während die Zahl der Teilzeitbeschäftigten nahezu konstant geblieben ist (S.265). Weiter angestiegen ist dagegen die Zahl der geringfügig entlohnten Beschäftigten. Hier erwarten die Gutachter für 2010 aber einen leichten Rückgang (S.268).
- Lohnentwicklung:
Die Bruttolöhne und -gehälter werden in den Jahren 2010 und 2011 voraussichtlich um 2,5 Prozent beziehungsweise 2,8 Prozent zulegen (S. 58). Forderungen nach kräftigeren Lohnerhöhungen, die angesichts der guten konjunkturellen Erholung laut wurden, stehen die Gutachter ablehnend gegenüber. Der „moderate Kurs der Tariflohnpolitik“ solle stattdessen weiter verfolgt werden, um „das Erreichte nicht zu gefährden“ (S. 269).
- Mindestlöhne:
Aus der zum 1. Mai 2011 in Kraft tretenden vollständigen Freizügigkeit für Arbeitskräfte aus den mittel- und osteuropäischen EU-Beitrittsländern erwächst aus Sicht von vier der fünf Wirtschaftsweisen kein wirtschaftspolitischer Handlungsbedarf – auch nicht in Bezug auf gesetzliche Mindestlöhne als Schutz vor vermeintlichem Lohndumping (S. 257), von dem allerdings keine Rede sein könne. Dem durch die Arbeitnehmerfreizügigkeit schärfer werdenden Wettbewerb solle überhaupt nicht mit gesetzlichen Mindestlöhnen begegnet werden. Ein gesetzlicher Mindestlohn in einer Größenordnung von 8 Euro würde „zusätzlichen hunderttausenden Arbeitslosen“ nichts nutzen (S. 297).
Quelle: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (2010): Chancen für einen stabilen Aufschwung, Jahresgutachten2010/11, Wiesbaden.