MINDESTLÖHNE:




20/03/2014:
ifo Institut: Mindestlohn gefährdet 900.000 Arbeitsplätze, aber Firmen planen kaum Entlassungen

Das Münchener ifo Institut hat mal wieder Horrorszenarien zur Einführung eines Mindestlohns an die Wand gemalt: 900.000 Arbeitsplätze sollen gefährdet sein. 2010 klang das noch drastischer: Damals hatten die gleichen Autoren errechnet, dass ein Mindestlohn von 8,50 Euro zum Abbau von 1,2 Millionen Arbeitsplätzen in Deutschland führen würde (siehe 25.02.2010), aber da waren 8,50 Euro auch noch mehr wert. Dumm ist diesmal nur, dass zeitgleich aus gleichem Hause gegenteilige Nachrichten kommen: Die allermeisten Unternehmen sehen im Mindestlohn laut einer ifo-Befragung keinen Anlass für Entlassungen oder weniger Neueinstellungen.

Eine Pressemitteilung des Instituts zufolge habe eine gemeinsame Studie des ifo-Forschungsprofessors Ronnie Schöb, des ifo-Dresden-Geschäftsführers Marcel Thum und des Magdeburger Finanzwissenschaftlers Andreas Knabe ergeben, dass die Einführung des Mindestlohns von 8,50 Euro das Einkommen "bedürftiger Arbeitnehmer" kaum erhöhe, aber bis zu 900.000 Arbeitsplätze gefährde. Dabei sei auch der Verlust von 660.000 geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen (einschließlich Rentner und Studenten) mitgezählt. In Vollzeit-Stellen entsprächen die gesamten Verluste in etwa 340.000 Arbeitsplätzen.

Im Gegensatz dazu steht eine Meldung von Spiegel Online: Eine Befragung des ifo Instituts und des Personaldienstleisters randstad habe ergeben, dass die Einführung des Mindestlohns auf den Großteil der Unternehmen in Deutschland keinen nennenswerten Einfluss haben werde. Laut der Erhebung erwarteten im kommenden Jahr nur etwa ein Zehntel (11 Prozent) der befragten Unternehmen deshalb Entlassungen oder weniger Neueinstellungen. 80 Prozent der Betriebe gingen davon aus, dass der Mindestlohn ab der Einführung 2015 keine Auswirkungen auf sie haben werde.

Nach Aussage der Studienautoren spielten die Mindestlohnpläne keine Rolle, da zum einen bereits andere Regelungen wie Tarifverträge in Kraft seien, die einen höheren Lohn festlegten. Zum anderen seien die Gehälter in einigen Branchen von dem geplanten Mindestlohn ohnehin weit entfernt. Für die repräsentative Umfrage seien rund tausend Personalverantwortliche aus deutschen Betrieben befragt worden, darunter sowohl Mittelständler als auch Konzerne.

Quellen:
ifo-Pressemitteilung vom 19.03.2014
Spiegel Online vom 20.03.2014
Ifo-Pressemitteilung vom 25.02.2010

Weiterlesen:

Knabe, A./ Schöb, R./ Thum, M. (2014): Der flächendeckende Mindestlohn. FU Berlin, Fachbereich Wirtschaftswissenschaft, Diskussionsbeiträge Economics, 2014/4.


Ifo Institut Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V.: randstad-ifo-flexindex - Ergebnisse 1. Quartal 2014.