Prof. Dr. Detlef Pollack

Von Oktober 2011 bis Juli 2012
Dr., Professor für Religionssoziologie
Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Deutschland

Geboren 1955 in Weimar, Deutschland
Studium der Theologie in Leipzig



Forschungsvorhaben
Religion und Moderne

Überkommene Meistererzählungen wie etwa die von der Säkularisierung oder der Modernisierung wurden durch Erkenntnisse der neueren Religionssoziologie und Religionsgeschichte weitgehend dekonstruiert. An die Stelle deterministischer Konvergenz- und Linearitätsannahmen über Prozesse der Säkularisierung und funktionalen Differenzierung sind Vorstellungen der historischen Kontingenz der Moderne, der Pfadabhängigkeit historischer Entwicklungen, der „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“ sowie der Entdifferenzierung getreten. Neuere religionssoziologische und religionshistorische Arbeiten gehen nicht mehr von der Inkompatibilität von Religion und Moderne aus, sondern stellen die religionsproduktiven Momente der Moderne heraus und konzeptualisieren Religion selbst als einen Motor gesellschaftlicher Modernisierungsprozesse.
Das Projekt knüpft an diese Entwicklungstendenz an, gibt ihr aber noch einmal eine etwas andere Wendung, denn so berechtigt die Kritik an der Säkularisierungstheorie ist, sofern sie sich auf die Konstruktion teleologischer Geschichtsmodelle, den Entwurf einer deterministischen Ableitungslogik und das Denken in verallgemeinerbaren Containerbegriffen bezieht, so sehr droht sie doch zugleich in einen unkritischen Relativismus zu führen, der den Einzelfall zur einzigen Untersuchungseinheit aufwertet, das Kontingente verabsolutiert, den Vergleich von Konstellationen behindert und die Herausarbeitung übergreifender Strukturen unter den Generalverdacht des Eurozentrismus stellt. Ob Religion und Moderne vereinbar sind, ob Tradition und Moderne keinen Gegensatz bilden, ob die interne Vielfalt der Moderne gegenüber ihrer Einheit überwiegt, darf jedoch nicht ideologisch vorentschieden, sondern muss historisch und empirisch untersucht werden. Anhand ausgewählter Fallbeispiele aus Europa und aus dem außereuropäischen Kulturraum soll das Verhältnis von Prozessen der Modernisierung und religiösem Wandel untersucht werden. Von den europäischen Gesellschaften sollen in Westeuropa Irland, Finnland, die Niederlande, Westdeutschland und Spanien, in Osteuropa Polen, Ostdeutschland und Russland in die Untersuchung einbezogen werden. Von den außereuropäischen Gesellschaften wurden die USA, Japan und Südkorea ausgewählt. Als Untersuchungszeitraum ist das 19. und 20. Jahrhundert vorgesehen.


Ausgewählte Publikationen

Pollack, D. 2009. Rückkehr des Religiösen? Studien zum religiösen Wandel in Deutschland und in Europa II. Tübingen: Mohr.

Pollack, D. / Olson, D. V. (eds.) 2008. The Role of Religion in Modern Societies. New York / London: Routledge.

Pickel, G. / Pollack, D. / Müller, O. / Jacobs, J. 2006. Osteuropas Bevölkerung auf dem Weg in die Demokratie: Repräsentative Untersuchungen in Ostdeutschland und zehn osteuropäischen Transformationsstaaten. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Pollack, D. / Wielgohs, J. 2004. Dissent and Opposition in Communist Europe. Aldershot: Ashgate.

Pollack, D. 2003. Säkularisierung – ein moderner Mythos? Studien zum religiösen Wandel in Deutschland. Tübingen: Mohr.