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Presseinformation: Kleiner Unterschied mit großer Wirkung

Nr. 207 - 21.12.2023

Forschende zeigen Einfluss minimal ungleicher Varianten eines Proteins auf die Zelle

 

(pug) Winzige Dinge können eine große Rolle spielen. Dafür liefert die aktuelle Forschung ein Beispiel: Einzelne Aminosäuren können die Architektur der ganzen Zelle prägen. Das zeigen Forschende der Universitäten Göttingen und Warwick am Protein Aktin – dem Hauptbestandteil des Zytoskeletts. Aktin kommt in allen lebenden Zellen vor. Es bildet Filamente und erfüllt vielfältige Funktionen in der Muskelkontraktion, der zellulären Signalübertragung und der Stabilisierung der Zellform. Im Zytoskelett kommt das Protein in zwei Varianten vor, den Isoformen Beta- und Gamma-Aktin. Zwischen ihnen variieren nur wenige Aminosäuren. Doch dieser feine Unterschied beeinflusst die mechanischen Eigenschaften auf der Ebene ganzer Filament-Netzwerke und wirkt sich so möglicherweise auf deren biologische Funktionen aus. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

 

Die Forschenden untersuchten Filament-Netzwerke des Zytoskeletts und konzentrierten sich besonders auf die einzigartigen Eigenschaften der Isoformen Beta- und Gamma-Aktin. Sie analysierten die jeweilige Struktur und bewerteten mit speziellen Techniken die Mechanik und Dynamik der Netzwerke. Hierbei griffen sie auf das Fachwissen der Biophysik in Göttingen und des Bioengineering in Warwick zurück.

 

Die Ergebnisse zeigen, dass Gamma-Aktin vor allem starre Netzwerke nahe der Zelloberseite bildet, Beta-Aktin dagegen vor allem parallele Bündel mit einem ausgeprägten Organisationsmuster. Der Unterschied geht nach Ansicht der Forschenden wahrscheinlich auf die stärkere Wechselwirkung von Gamma-Aktin mit positiv geladenen Magnesium-Ionen zurück. Dadurch sind die Netzwerke steifer als die von Beta-Aktin.

 

„Unsere Befunde sind überzeugend, denn sie ebnen neue Wege zum Verständnis der komplizierten Dynamik von Protein-Netzwerken in Zellen“, erklärt Prof. Dr. Andreas Janshoff vom Institut für Physikalische Chemie der Universität Göttingen. Die Ergebnisse tragen zur Klärung grundlegender zellulärer Prozesse bei, indem sie die biologischen Funktionen der unterschiedlichen Aktin-Isoformen aufdecken. Das ist besonders für mechanische Prozesse wie Wachstum, Teilung und Reifung von Zellen im Gewebe von Bedeutung. Janshoff betont: „Die Implikationen unserer Entdeckungen erstrecken sich auf das breitere Feld der Zellbiologie. Die Erkenntnisse können sich auf viele Forschungsbereiche und Anwendungen auswirken, unter anderem in der Entwicklungsbiologie.“

 

Originalveröffentlichung: Nietmann et al. (2023). Cytosolic actin isoforms form networks with different rheological properties that indicate specific biological function. Nature Communications. DOI: 10.1038/s41467-023-43653-w

 

Kontakt:

Prof. Dr. Andreas Janshoff

Georg-August-Universität Göttingen

Institut für Physikalische Chemie

Tammannstraße 6, 37077 Göttingen

Telefon: 0551 39-10633

E-Mail: ajansho@gwdg.de

Internet: www.uni-goettingen.de/de/100625.html