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Dr. Felix Lennart Rösch

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Habilitationsprojekt
Die Archäologie des mittelalterlichen Marktplatzes. Zur Genese eines urbanen Erfolgsmodells
Der zentrale Marktplatz zählt zu den ikonischen Bestandteilen der mittelalterlichen Stadt. Neben Kirchturmsilhouette und Stadtbefestigung ist er ein prägendes Element, dass sich bis heute in der Topographie vieler europäischer Städte wiederfindet. Etabliert im Zuge des hohen und späten Mittelalters trotze das Konzept „Marktplatz“ gesellschaftlichen Umwälzungen und städtebaulichen Paradigmen wie der Industrialisierung und der „autogerechten Stadt“ und überdauert erfolgreich bis heute. Trotz antiker Vorgänger und zentraler öffentlicher Plätze, die sich als globales Phänomen in vielen historischen Kulturen offenbaren, stellt die Entwicklung des mittelalterlichen Marktplatzes in Europa eine Besonderheit dar. So scheinen die antiken Traditionen nur bedingt weitergeführt worden zu sein: stattdessen bildet sich im Frühmittelalter ein hoch diverser Kanon von Orten des Austausch heraus – in der Literatur als Platzmärkte, Ufermärkte, Hafenmärkte, Straßenmärkte, Einstrassenlagen, Jahrmärkte und Messen aber auch als Kaufleuteviertel oder einfach Marktort betitelt – deren Genese auf unterschiedlichste Rahmenbedingungen und Bedürfnisse zurückzuführen ist.
Umso mehr verwundert es, dass die Genese des mittelalterlichen Marktplatzes weder umfassend untersucht, noch genau verstanden wurde. Insbesondere für das Früh- aber auch für das Hochmittelalter liegt die Beschaffenheit und Organisation von Marktplätzen sowie Handels- und Kommunikationspraktiken noch vielfach im Dunkeln. 
Das Projekt hat zum Ziel, die Genese des mittelalterlichen Marktplatzes zu verstehen und so die komplexen räumlichen Äußerungen des Handelsgeschehens in ihren regionalen wie individuellen Ausprägungen nachzuvollziehen, um letztlich die zentrale Frage zu erörtern, wie der zentrale Marktplatz zum Erfolgsmodell in ganz Europa werden konnte. Dabei soll nach den Entwicklungslinien gefragt, die vielfältigen Praktiken und Nutzungsspektren aufgezeigt und die Rolle von Marktplätzen für die Stadtwerdung und bei Stadtplanung erörtert werden. Darüber hinaus gilt es Kriterien zur Identifikation und Bestimmung von Marktplätzen zu definieren. 
Der Fokus liegt dabei auf einem sich abzeichnenden Zeitraum hoher Diversität und Dynamik von Marktplatzausprägungen und Entwicklungen zwischen ca. 800 bis 1300 und konzentriert sich auf den Mitteleuropäischen Raum mit Schwerpunkt Deutschland. 
Studien zu Marktplätzen liegen sowohl von historischer, geographischer, kunstgeschichtlicher als auch archäologischer Seite vor. Zwar bleibt kaum eine Analyse auf nur eine Quellengattung beschränkt, wirklich genuin interdisziplinäre Untersuchungen liegen jedoch erst in begrenzter Zahl. 
Während für das Frühmittelalter nur wenige archäologische Grabungen bekannt sind, befassen sich die meisten Untersuchungen mit Plätzen ab dem 12./13. Jahrhundert. Es zeichnet sich ein deutliches Desiderat der Marktplatzforschung in der Zeit vor 1200 und umso mehr für das Frühmittelalter ab. In der Tendenz, die fokussieren sich die meisten Untersuchungen auf die baulichen Strukturen. So stehen regelmäßig die sich ab dem 13. Jahrhundert häufenden Bauten auf und am Marktplatz im Fokus, während spezifische Schichten, Fundverteilungsmuster, intentionell geschaffene Freiflächen und andere, weniger offensichtliche Hinweise, wie Makroreste und Bodenzusammensetzungen weniger Beachtung finden.
Unter den Fachpublikationen dominieren loklae Studien und Detailuntersuchungen, bei denen es sich vor allem kulturhistorische Kontextualisierungen der Plätze mit örtlichen Gegebenheiten handelt Hingegen fehlt es von archäologischer Seite bislang an übergeordneten Betrachtungen zum Thema. Weder werden Entwicklungslinien unter den Marktplätzen aufgezeigt, die sowohl den mittlerweile vielfältigen archäologischen Daten Rechnung tragen, als auch nicht pauschal auf die gängigen, von historischer Seite tradierten Narrative berufen, noch regionale Besonderheiten herausarbeitet und die Ursprünge des Marktplatzes eruiert.
Für die Zeit des frühen und hohen Mittelalters besteht also ein grundlegender Forschungsbedarf. Einerseits sind die Quellen zu Marktplätzen hier geringer und weniger offensichtlich, andererseits ist dieser Zeitraum von einer bislang kaum durchdrungenen dynamischen Entwicklung geprägt. Mit dem 13. Jahrhundert lassen sich zwar durchaus noch Veränderungen in der Bebauung und Nutzung festhalten, die Plätze bleiben in der Regel aber ortskonstant. Entsprechend soll der Fokus der Arbeit vor allem auf dem Marktplatz als Ort und seinen Nutzungsspektren liegen, wodurch sich seine Konstituierung als Raum ergibt, und weniger auf der Analyse der umfangreichen spätmittelalterlichen Quellen zu seiner Bebauung. Damit wird vor allem der Marktplatz als Ort in frühstädtischen Siedlungen und frühen Städten sowie ihren Vorläufern im Zentrum der Betrachtung liegen. Dabei ist es unerheblich, ob er dauerhaft oder temporär bestand. 
Als Gerüst für die Analyse dient eine Datenbank, in die zu jedem Marktplatz die relevanten archäologischen, historischen und topographischen Informationen eingepflügt werden. Vor dem Hintergrund der Frage nach der Entwicklung der Marktplätze stellt die zeitliche Verknüpfung einzelner Aspekte ein zentraler Bestandteil der Datenbank dar. Durch eine Verknüpfung der Datenbank mit einem GIS wird es dann möglich sein, sowohl die Marktplätze selber, als auch spezifische Aspekte zu unterschiedlichen Zeiten räumlich zu kontextualisieren. Dadurch gelingt es, bestimmte Ausprägungen und Phänomene zu erkennen und auf naturräumliche wie gesellschaftliche Zusammenhänge hin zu untersuchen
Weiterführende Literatur 
F. Rösch, Medieval marketplaces in northern Europe – an overview with an emphasis on merchant seafaring. In: RAHMSTORF/STRATFORD 2019, 275–296. 


Aktuelle Projekte
Archäoakustische Untersuchungen zum spätmittelalterlichen Signalwesen
Dem spätmittelalterlichen Dorfbewohner drohten während seines Lebens zahlreiche Unbill. Neben Krankheiten und Hunger bestanden Gefahren für Leib und Leben durch kriegerische Auseinandersetzungen oder Überfälle, während Feuersbrünste und Diebe das Hab und Gut bedrohten. Wusste sich die städtische Bevölkerung durch Mauern, Wachen und eine organisierte Verteidigung zu schützen, waren die Bewohner städtischer Territorien außerhalb der Befestigungen weitestgehend wehrlos. Als Reaktion auf zunehmendes Fehdewesen und zur Markierung ihrer Grenzen errichteten viele Städte, darunter auch Göttingen, ab dem 14. Jahrhundert Landwehren zum Schutz. Diese bestanden aus linearen Wall-Graben Systemen und Wachtürmen, von denen Kontroll- und Warnaufgaben wahrgenommen wurden. Trotz umfangreich erforschter Landwehren ist bislang weitestgehend offen, wie die Wachtürme untereinander und mit der Stadt kommunizierten. Zwar werden sowohl optische als auch akustische Signale diskutiert, jedoch sind die Aussagen mangels empirischer Daten in der Regel pauschaler Natur. Entsprechend ist über Effektivität und Ablauf der Signalkommunikation wenig bekannt. Das Forschungsprojekt setzt sich mit der Frage auseinander, ob optische und akustische Signalmittel auf Warttürmen eingesetzt werden konnten, welche Instrumente dafür in Frage kamen und wie effektiv sie waren. Weiterhin soll der Frage nachgegangen werden, ob die Standorte der Türme darauf ausgelegt waren Signalketten zu bilden. Dabei wird sich der Göttinger Landwehr, im heutigen Südniedersachsen gelegen, als exemplarischer Forschungsgegenstand herangezogen. Die Region ist nicht nur ein in sich kulturhistorisch recht homogener Raum, sondern bietet durch umfangreiche historische wie archäologische Vorarbeiten zu Stadt und Landwehr einen geeigneten Ausgangspunkt. Um die Wirkung von Signalmitteln im Raum zu untersuchen, wird ein methodischer Zugang auf Landschaftsebene gewählt. Dafür werden mithilfe eines Geographischen Informationssystems die Standorte der Türme im Kontext der historischen Landschaft analysiert. Durch die Berechnung der Schallausbreitung im Raum können die Töne (archäologischer) Hörnerfunde in ihrer Wirksamkeit erschlossen werden. Der gewählte Ansatz bezieht damit nicht nur unterschiedliche Quellengattungen mit ein, neben den archäologischen und historischen sind es auch kartographische, sondern kombiniert landschaftsarchäologische Methoden mit archäoakustischen Zugängen.
Beteiligte: Cand. B.A. K. Hanna Neumann
Zeitraum: seit 2021

Im Rahmen des am NLD durch PRO-Niedersachsen Mittel geförderten Projektes "Kloster Walkenried – Das älteste Zisterzienserkloster Norddeutschlands und sein Umland" wird seit 2020 auch die Grangienwüstung Alt-Walkenried erforscht. Bei der Forschungskooperation zwischen NLD und dem Seminar wird nicht nur dem historischen Wüstungsstandort auf den Grund gegangen, unter anderem wird für den Standort nicht nur eine Grangie der Zisterzienser sondern auch eine Wirtschafts- und Adelshof sowie ein Vorgängerkloster diskutiert, sondern auch digitale Dokumentationsmethoden im Feld weiter zu entwickeln.
Leitung: Dr. Markus C. Blaich, NLD Niedersachsen
Beteiligte: Dr. Felix Rösch, Clemens Ludwig M.A., Lennart Jürges B.A.
Zeitraum: 2019–2022
Weiterführende Informationen: Denkmalatlas Niedersachsen


Ehemalige Projektbeteiligungen

Die mittelalterliche Besiedlung des Selketals. Burg und Dorf Anhalt im Selketal
Leitung: Prof. T. Gärtner, Martin-Luther-Universität Halle Wittenberg 
Zeitraum: 2017–2018

Die Laubenganghäuser in Dessau-Törten. Rekonstruktion und Analyse der Planungs-, Bau- und Nutzungsgeschichte des Projektes des Bauhauses Dessau unter der Leitung von Hannes Meyer
Leitung: Prof. P. Oswalt, Universität Kassel 
Zeitraum: 2017–2019
Weiterführende Informationen:Projekthomepage der Universität Kassel

Zwischen Wikingern und Hanse. Kontinuität und Wandel des zentralen Umschlagplatzes Haithabu/Schleswig im 11. Jahrhundert 
Leitung: Prof. U. Müller/Dr. R. Bleile, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel/Archäologisches Landesmuseum in der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf 
Zeitraum: 2012–2015
Weiterführende Informationen: Projekthomepage der Universität Kiel