Dr. Christof Schöch (Würzburg)


Stylometrische Experimente, oder: Autorschaft und Gattungszugehörigkeit im französischen Theater der Klassik


Respondent: Prof. Dr. Gerhard Lauer (Göttingen)


Zeit: 13. Dezember 2012, 18h c.t.
Ort: Göttingen, Platz der Göttinger Sieben 7, Verfügungsgebäude, Raum VG. 4.103



Abstract

Quantitative Verfahren der Analyse von Sammlungen literarischer Texte haben in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte gemacht. Dies ist sicherlich der vermehrten Verfügbarkeit geeigneter digitaler Texte sowie der Existenz zunehmend nutzerfreundlicher und leistungsfähiger Werkzeuge zu verdanken, die Verfahren wie die Stylometrie oder das Topic Modeling wesentlich erleichtern. Immer mehr Literaturwissenschaftler experimentieren mit solchen Verfahren und die Menge an Erfahrungswerten und Einsatzmöglichkeiten steigt. Gleichzeitig sind die methodischen Schwierigkeiten und Unwägbarkeiten immer noch enorm, gerade für Literaturen in anderen Sprachen als dem Englischen.
Der Vortrag wird von der Erprobung stylometrischer Klassifikationsverfahren im Bereich des französischen Theaters des siebzehnten Jahrhunderts berichten. Hierfür wurden Jan Rybickys und Maciej Eders stylometrische Skripte für die Statistikumgebung R eingesetzt. Ausgangspunkt wird die mittlerweile berühmte Corneille-Molière-Kontroverse sein, die einen faszinierenden Testfall für stylometrische Verfahren darstellt. Im Zentrum der Kontroverse steht die Frage, ob Corneille einige oder sehr viele der traditionell Molière zugesprochenen Werke verfasst hat. Einerseits erfordert eine solche Frage die Lösung sehr konkreter Probleme, wie das des relativen Einflusses von Autorschaft und Gattungszugehörigkeit bei stylometrischen Klassifikationssaufgaben. Von einigen Versuchen, solche Fragen methodisch in den Griff zu bekommen, wird hauptsächlich die Rede sein. Der stylometrische Ansatz wirft andererseits aber auch sehr allgemeine Fragen der Verlässlichkeit, Nachvollziehbarkeit und Relevanz statistischer Verfahren in den Philologien auf, die ebenfalls diskutiert werden sollen.