04/06/2014:
Zu geringe Höhe lässt Wirkungen des Mindestlohns verpuffen

Ein allgemeiner Mindestlohn von 8,50 Euro, der ab Januar 2015 zunächst nur für alle Beschäftigen in nicht durch Tarifverträge regulierten Branchen gelten soll, ist in seiner Höhe so niedrig angesetzt, dass zu wenige Geringverdiener davon profitieren werden. Abgesehen davon, dass er generell kaum existenzsichernd ist (siehe 19.03.2014), wird die Zahl der potenziell Anspruchsberechtigten durch den geringen Schwellenwert zu stark begrenzt. Hinzu kommt, dass der Kreis der Anspruchsberechtigten aufgrund von bis 2015 noch eintretenden Lohnsteigerungen noch weiter schrumpfen wird (siehe 29.01.2014).

Ähnlich wird es sich Anfang 2017 verhalten, wenn die Lohnuntergrenze von 8,50 Euro auch für die Beschäftigten in Branchen mit Tarifverträgen gelten soll. Derzeit gibt es zwar noch in 23 Branchen Tarifgruppen unter 8,50 Euro. Die sind aber zumeist auf einzelne regionale Tarifgebiete begrenzt. Zudem würden die untersten Vergütungsgruppen einer Meldung von Spiegel Online zufolge in vielen Branchen bis 2017 bereits auf den gesetzlichen Schwellenwert angehoben worden sein.

Laut Spiegel Online habe der Leiter des WSI-Tarifarchivs Reinhard Bispink darauf verwiesen, dass inzwischen 13 Branchen Mindestlöhne auf Basis des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes zahlten. Hinzu komme eine Lohnuntergrenze für die Leiharbeit. In 11 dieser 14 Branchen würden (zumindest im allergrößten Teil des Landes) Arbeitnehmer bereits heute mehr als 8,50 Euro pro Stunde verdienen.

Wie das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der Hans-Böckler-Stiftung (WSI) in einer Pressemitteilung dazu bekannt gab, gebe es mittlerweile auch in einigen Branchen, die lange Zeit zum harten Kern der Niedriglohnbeschäftigung hätten gezählt werden müssen, Stufenpläne zur Anhebung der untersten Tarifvergütungen auf mindestens 8,50 Euro. Damit könnten Friseure, Fleischer (siehe 08.05.2014) oder Forstarbeiter nun zumindest absehen, wann ihre Löhne auf das vorgesehene Mindestniveau von 8,50 Euro steigen werden. Bis spätestens Ende 2016 solle es soweit sein.

Quellen:
Spiegel Online vom 04.06.2014
WSI-Pressemitteilung vom 04.06.2014

Weiterlesen:
Bispinck, R./ WSI-Tarifarchiv (2014): WSI Niedriglohn-Monitoring 2013: Entwicklung der tariflichen Vergütungsgruppen in 40 Wirtschaftszweigen. In: Elemente qualitativer Tarifpolitik, Nr. 77, Düsseldorf (Feb. 2014).