Wirtschaftspolitisches Forum
Das Haushaltsbegleitgesetz 2004 - Ein Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands
Kurz vor Weihnachten ist es doch noch wahr geworden. Am 19.12.2003 haben Bundestag und Bundesrat das Haushaltsbegleitgesetz 2004 beschlossen. Dieses sieht vor, einen Teil der für 2005 geplanten Senkung des Einkommensteuertarifs bereits im Jahre 2004 wirksam werden zu lassen. So beträgt der Eingangssteuersatz im Jahre 2004 nur noch 16 % gegenüber 19,9 % im Jahre 2003, und der Spitzensteuersatz wurde von 48,5 % auf 45 % reduziert. Im Jahre 2005 kommt es dann schließlich zur Senkung des Eingangssteuersatzes auf 15 % und des Spitzensteuersatzes auf 42 %.
Darüber werden sich die Arbeitnehmer freuen, denen ab Januar höhere Nettogehälter ausbezahlt werden. Aber auch aus Sicht der Unternehmen ist diese Steuersenkung von Bedeutung. Unternehmen konkurrieren schließlich nicht nur auf ihren Absatzmärkten miteinander, sondern sie stehen auch im internationalen Wettbewerb um hoch qualifizierte Mitarbeiter. Eine hohe Steuerbelastung für international mobile Arbeitskräfte bedeutet einen Standortnachteil, da eine höhere Gesamtvergütung vor Steuern und Abgaben gezahlt werden muss, um einem umworbenen Mitarbeiter das verfügbare Einkommen nach Steuern und Abgaben zahlen zu können, das er in anderen Ländern erhält.
Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) hat das Ausmaß der Entlastung mit einem neu entwickelten Simulationsmodell quantifiziert. Dieses Modell berechnet die effektive Steuer-und Abgabenbelastung von hoch qualifizierten Arbeitskräften, wobei neben der Barvergütung auch Nebenleistungen und Beiträge zur Altersvorsorge betrachtet werden. Die Belastungskennziffer berücksichtigt auch Steuern und Abgaben späterer Zeitpunkte, die sich auf das gezahlte Entgelt beziehen. Insbesondere werden die durch die gezahlten Sozialversicherungsbeiträge erworbenen Rentenansprüche und die darauf lastenden Steuern einbezogen.
Die nachstehende Tabelle fasst die Ergebnisse für verschiedene Niveaus des verfügbaren Einkommens für einen Alleinstehenden sowie eine vierköpfige Familie zusammen. Die dort enthaltenen effektiven Durchschnittsbelastungen geben den Anteil an der Gesamtvergütung an, der auf Steuern und Abgaben entfällt. Man erkennt, dass durch die Reform eine deutliche Entlastung eingetreten ist. Für einen alleinstehenden Arbeitnehmer mit einem verfügbaren Einkommen von 100 000 Euro liegt die effektive Durchschnittsbelastung im Jahre 2004 um 2,7 und im Jahre 2005 um 5,0 Prozentpunkte niedriger als 2003. Anders ausgedrückt: Um einem Mitarbeiter ein verfügbares Einkommen von 100 000 Euro bieten zu können, musste ein Unternehmen letztes Jahr noch knapp 191 000 Euro aufwenden. Dieser Betrag sinkt 2004 auf etwa 181 000 Euro und im nächsten Jahr fast bis auf 174 000 Euro. Soll der Hochqualifizierte nach Steuern und Abgaben 200 000 Euro verdienen, so sinkt die Steuerbelastung nach der Reform sogar um mehr als drei (2004) bzw. knapp sechs Prozentpunkte (2005). Familien werden ebenfalls spürbar entlastet, auch wenn deren Belastung durch das Ehegattensplitting schon 2003 deutlich geringer war.
Wie stark Deutschland seine Position im Wettbewerb um Hochqualifizierte verbessern kann, zeigt ein Blick auf den vom ZEW erstellten IBC Taxation Index 2003. Dieser jährlich vom ZEW im Auftrag des 'IBC BAK International Benchmark Club'\R berechnete Index ermöglicht einen internationalen Vergleich der effektiven durchschnittlichen Steuerbelastung von Unternehmen und von hochqualifizierten Arbeitskräften. In der Rangfolge des Indexes für Hochqualifizierte liegt Deutschland im Jahre 2003 auf dem vorletzten Platz, nur noch vor Italien. Durch das Haushaltsbegleitgesetz lässt Deutschland 2004 immerhin auch Frankreich hinter sich, und 2005 darüber hinaus die Niederlande. Allerdings hätte Deutschland auch dann noch eine höhere Steuerbelastung als Österreich, Irland, Großbritannien, die USA und die Schweiz.
So beachtlich die Verbesserung der Wettbewerbsposition Deutschlands im Hinblick auf Hochqualifizierte auch ist: Bei der effektiven Steuerbelastung von Unternehmen schneidet Deutschland international nach wie vor schlecht ab. Wie der IBC Taxation Index für Unternehmen anzeigt, unterliegen Kapitalgesellschaften in Deutschland der höchsten Belastung nach den USA. Dies wird vor allem durch die Gewerbesteuer verursacht, die weiterhin fast allen Reformbestrebungen widersteht. Sie sollte deshalb, ebenso wie weitere Senkungen des Einkommensteuertarifs, auf der Agenda 2004 stehen.
Tabelle: Effektive Steuer- und Abgabenbelastung Hochqualifizierter in Prozent

Quelle: ZEW und „IBC BAK International Benchmark Club“® der BAK Basel Economics