19/08/2011: Lohndumping durch Werkverträge greift um sich
Wie aus einem Artikel der taz hervorgeht, nutzten immer mehr Unternehmen in Deutschland das Instrument der Werkverträge, um ihre Personalkosten zu senken. Zwar lägen keine verlässlichen Daten für die Erfassung von Werkverträgen vor, jedoch würden Gewerkschaften und Betriebsräte bereits seit einiger Zeit davor warnen, dass diese Verträge in Unternehmen immer häufiger eingesetzt würden. Lohndumping und das Aushebeln tarifvertraglicher Regelungen sei die Folge.
Die taz führt als Beispiel das Ikea-Europalager in Dortmund an. Tagsüber beschäftige Ikea dort fest angestellte Mitarbeiter. Nachts würden litauische Werkvertragler, die von einer litauischen Firma in Wilna vermittelt würden, den Job übernehmen. Der Möbelkonzern zahle dafür eine Pauschale und könne sich so die Nachtzuschläge sparen. Die Werkvertragsarbeiter erhielten umgerechnet 6,50 Euro Stundenlohn, der in Wilna ausgezahlt werde. Ähnliche Konstruktionen ließen sich auch in der Fleischindustrie finden, in der osteuropäische Werkvertragsnehmer für 3 oder 4 Euro Stundenlohn die toten Tiere ausbeinten. Nach Angaben der IG Metall würden auch im Maschinenbau oder in der Automobilbranche, beispielsweise bei Daimler oder Porsche, immer häufiger Ingenieure selbst in zentralen Bereichen wie der Entwicklung per Werkvertrag angeheuert.
Inwieweit eine systematisierte missbräuchliche Nutzung von Werkverträgen zur Umgehung von tariflichen oder arbeitsrechtlichen Standards vorliege, sei unklar. Eine Datenerfassung sei schon deswegen schwierig, weil die Ausgaben für Werkverträge in den Betrieben in der Regel als Sach- und nicht als Personalkosten verbucht würden. Zudem gebe es für Unternehmen keine Berichtspflicht.
Nach Aussage von Johannes Jakob, Arbeitsmarktpolitikexperte des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), seien Werkverträge in vielen Fällen nur Scheinkonstruktionen. Wenn Arbeiter nicht eigenständig ihr Gewerk anböten, sondern Weisungen Dritter unterlägen, deren Arbeitsmaterialien nutzten und ihre Zeit nicht frei einteilen könnten, handele es sich eigentlich um Leiharbeit, für die Mindestlöhne gezahlt werden müssten. Die Abgrenzung zwischen korrektem und missbräuchlichem Werkvertrag sei aber kompliziert, da Deutschland anders als die meisten europäischen Länder keine Kriterien zur Abgrenzung von Leiharbeit und Werkverträgen festgelegt habe, so Jakob.
Quelle: taz.de vom 19.08.2011
Weiterlesen: Werkverträge als Instrument zum Lohndumping. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jutta Krellmann, Diana Golze, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. BT-Drucksache17/6714 (08/2011).