30/06/2014:
Weitere Ausnahmen machen aus allgemeinem speziellen Mindestlohn
Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn kann sein Attribut der Allgemeinheit endgültig ablegen. Am vergangenen Freitag wurde bekannt, dass sich die Große Koalition auf weitere Ausnahmeregelungen verständigt hat. Danach sollen jetzt auch Saisonarbeiter in der Landwirtschaft außen vor bleiben. Für Praktikanten wurde die mindestlohnfreie Praktikumsdauer verlängert, und auch die Zeitungsbranche kann sich freuen. Ihre Weigerung, sich wie etwa die Fleischbranche (siehe 08.05.2014) mit den Gewerkschaften auf einen Tarifvertrag zu verständigen, wurde belohnt.
Nach derzeitigem Stand der Dinge werden die Parlamentarier am kommenden Donnerstag folgende Ausnahmen vom Mindestlohn abnicken. Keinen Mindestlohn erhalten
- Beschäftigte in Branchen mit abweichenden Lohntarifvereinbarungen (bis 2017)
- Zeitungszusteller (bis 2017; 2015 bis 25%, 2016 bis 15% geringerer Lohn)
- Erntehelfer in der Landwirtschaft (Anrechnung von Kost u. Logis auf den Lohn)
- Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten einer neuen Anstellung
- Jugendliche unter 18 Jahren
- Schüler und Studenten in Pflichtpraktika
- Praktikanten bei freiwilligen Praktika von bis zu drei Monaten
Heftige Kritik an den neuerlichen Aufweichungen übte die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Im Onlineportal der Süddeutschen Zeitung warf ihr Vorsitzender Frank Bsirske der SPD Wählertäuschung vor. Seinen Angaben zufolge seien nun mindestens drei Millionen Menschen vom neuen Mindestlohn ausgenommen.
Das Gesetz zum Mindestlohn soll am kommenden Donnerstag im Bundestag verabschiedet werden. Stimmt wenig später dann auch der Bundesrat dem Gesetz zu, kann es Anfang 2015 in Kraft treten.
Quellen:
Spiegel Online vom 27.06.2014
Süddeutsche.de vom 29.06.2014