31/05/2012: Mindestlohn im Einzelhandel scheitert an zu geringer Tarifbindung
Obwohl sich der Arbeitgeberverband HDE und die Gewerkschaft Ver.di über das Einziehen einer Lohnuntergrenze im Einzelhandel bereits einig waren, zeichneten sich bereits im Sommer 2011 gravierende Schwierigkeiten ab, einen Mindestlohn für allgemeinverbindlich erklären zu lassen (siehe 25.08.2011). Nun ist die Einführung eines branchenweiten Mindestlohns aufgrund der nachweislich nicht ausreichenden Tarifbindung der Beschäftigten vorerst gescheitert.
Die Süddeutsche Zeitung zitiert dazu den Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbands HDE, Stefan Genth, mit den Worten: "Das Projekt kann momentan nicht verwirklicht werden". Dies liege daran, dass laut Gesetz mindestens die Hälfte der Beschäftigten in einem tarifgebundenen Unternehmen arbeiten müsse, damit ein Mindestlohn auf die ganze Branche ausgedehnt werden dürfe. Nach Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) habe das im vergangenen Jahr jedoch nur auf 44 Prozent der Arbeitnehmer in Westdeutschland und auf nur 27 Prozent in Ostdeutschland zugetroffen. Nach Ansicht des HDE sei diese gesetzliche Hürde zu hoch und müsse abgesenkt werden.
Der in vielen Branchen zu beobachtende Rückgang des gewerkschaftlichen Organisationsgrades und die nachlassende Tarifbindung der Unternehmen (siehe 29.03.2010) stellen die Gewerkschaften vor große Probleme (siehe 09.08.2011) und sind mit ein Grund für deren Forderung nach der Einführung eines allgemeinen, branchenübergreifenden gesetzlichen Mindestlohns.
Quelle: Süddeutsche.de vom 31.05.2012