27/01/2014:
Mindestlohnausnahmen könnten zwei Millionen Niedriglöhner treffen

Gegen die von der Großen Koalition für 2015 bzw. 2017 geplante Einführung eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns (siehe 27.11.2013) formiert sich im Arbeitgeberlager und bei konservativen und wirtschaftsliberalen Politikern - unterstützt von wirtschaftsnahen Forschungsinstituten - Widerstand. Aus ihren Reihen mehren sich Forderungen nach Ausnahmeregelungen für verschiedenste Arbeitnehmergruppen. Sollte die Bundesregierung den Forderungen nach Ausnahmen vom Mindestlohn im Gesetzgebungsprozess nachgeben, dann könnten bis zu zwei Millionen der gut fünf Millionen Beschäftigten, die weniger als 8,50 Euro pro Stunde verdienten, beim Mindestlohn leer ausgehen. So lautet das Ergebnis einer Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung.

Wie das WSI dazu in einer Pressemeldung schreibt, hätten die Verfasser der neuen Studie anhand von Zahlen des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) aus dem Jahr 2012 berechnet, wie viele Menschen mit einem Arbeitsverhältnis (also ohne Praktikanten oder Auszubildende) von solchen Ausnahmen betroffen wären. Wie sich zeigte, habe der Stundenlohn von rund 5,25 Millionen Beschäftigten 2012 unterhalb von 8,50 Euro gelegen. Würden Minijobber, Rentner, Schüler, Studenten und hinzuverdienende Arbeitslose aus der Mindestlohnregelung ausgenommen, so gingen zwei Millionen oder 37 Prozent der Geringverdiener leer aus. Ohne Ausnahmen für die Minijobber wäre es immer noch fast ein Viertel.

Der Studie zufolge würden sich die Ausnahmen auf einige wenige Branchen wie das Gastgewerbe, den Einzelhandel, die unternehmensnahen Dienstleistungen oder die "sonstigen Dienstleistungen" wie beispielsweise Wäschereien oder das Friseurgewerbe konzentrieren. In diesen Wirtschaftszweigen würden knapp 56 Prozent aller Minijobber und 52 Prozent aller erwerbstätigen Rentner, Schüler und Studenten mit Stundenlöhnen unter 8,50 Euro arbeiten. Allein in den genannten vier Branchen seien von denjenigen, die weniger als den Mindestlohn verdienten, zwischen 35 und 40 Prozent geringfügig beschäftigt und zwischen 7 und 25 Prozent Rentner, Schüler oder Studenten.

Quelle: WSI-Pressemeldung vom 27.01.2014

Weiterlesen:
Amlinger, M./ Bispinck, R./ Schulten, T. (2014): Niedriglohnsektor: Jeder Dritte ohne Mindestlohn? Ausnahmen vom geplanten Mindestlohn und ihre Konsequenzen, WSI Report, Nr. 12, Januar 2014.