Arbeitsschwerpunkte

frühneuzeitliches Irland und England; frühneuzeitliche Staatstheorie; Reformation; reformierte Theologie; Theorie des Widerstands; Kolonialismus

Projekt: Gottes Gnade und der Staat – Toleranz in Irland und England ca. 1558–1625

Generell interessiere ich mich für die Beziehung zwischen reformierter Theologie und der entstehenden Idee des Staates zu Zeiten von Elisabeth I. und Jakob I. (VI.) in Irland und darüber hinaus in England, Europa und Nordamerika.

Gegenwärtig untersuche ich, wie die reformierte Theologie mit ihrem Fokus auf Ursünde, Gottes Gnade und individuelles Gewissen die Vorstellungen der Renaissance von menschlicher Vollkommenheit in Frage stellte und so zum Verfall der vormals vorherrschenden Auffassung von der Einheit eines christlichen Staates beitrug. Dabei werden die Reaktionen des reformierten Protestantismus auf die empfundene Abwesenheit der Gnade Gottes im politischen Leben ebenso berücksichtigt, wie auch Versuche im protestantischen Lager, die Schwierigkeiten, die sich bei der Einschätzung der Gesinnung einzelner Bürger oder Untertanen ergaben, zu überwinden. Vor allem geht es um die Frage, wie der entstehende Begriff des 'Staates' von diesen Problemen geprägt wurde und dieser angeführt werden konnte, um politische Beziehungen dort zu stabilisieren, wo souveräne Herrschaft allmählich als etwas dem Regierungsapparat Inhärentes und dadurch als von der Person des Herrschers und dem Gemeinwesen Getrenntes gedacht werden konnte.

In diesem Zusammenhang soll der Frage nachgegangen werden, wie politische Beziehungen so umgeformt werden konnten, dass sie nun Ämter und den Staatsapparat betrafen anstatt Freundschaft und Treue zwischen Untertan und Fürst; letzteres wurde problematisch, wenn die moralische Zuverlässigkeit des Menschen als korrumpiert erachtet wurde. Die Betonung der Autorität des 'Staates' konnte -- trotz möglicher Differenzen in Gewissensfragen -- auch eine abstrakte Vorstellung der Eintracht aller bieten.

Zur Zeit liegt mein Fokus im Projekt auf dem elisabethanischen Irland und baut dabei auf meiner Arbeit als Irish Research Council Postdoctoral Fellow für Geschichte am University College Cork auf. Besonderes Augenmerk soll dabei auf dem Umstand liegen, dass die Verwendung des Begriffs 'Staat' in Irland früher als in England und Europa einen gewissen Grad an Konsistenz erreicht hatte. Da die irische Obrigkeit die Aufgabe hatte, ein neues funktionierendes Gemeinwesen von Grund auf aufzubauen, musste sie sich -- gerade angesichts des beobachteten zivilen Ungehorsams -- stetig mit Fragen des Gemeinwohls, der Gnade und der Staatsstrukturen auseinandersetzen.

Dieses Projekt soll in eine Monografie münden, die den Arbeitstitel God's Grace and the State trägt. Schließlich hoffe ich, meine Forschung auch auf England und Irland unter der Herrschaft Jakobs I. (VI.) auszudehnen und auch die Entwicklungen in Nordamerika mit einzubeziehen. In diesem Zusammenhang werfe ich im Projekt die Frage auf, weshalb andernorts in vielen Fällen die aufkommenden staatlichen Strukturen religiöse Vielfalt nicht zuließen, obgleich die erstmalige Verwendung staatsbezogener Terminologie durch Versuche motiviert worden war, das Modell eines einheitlichen christlichen Gemeinwesens zu überwinden.


Publikationen (Auswahl)

  • Calvinism, Reform and the Absolutist State in Elizabethan Ireland (Pickering and Chatto: London, 2015).
  • "The Emergence of the State in Elizabethan Ireland and England, ca 1575–99", Sixteenth Century Journal 45:3 (2014), pp. 659–82.
  • "An Irish Perspective on Elizabeth's Religion: Reformation Thought and Henry Sidney's Irish Deputyship, c. 1560 to 1580", in Brendan Kane and Valerie McGowan-Doyle, eds., Elizabeth I and Ireland (Cambridge University Press, 2014), S. 142–62.
  • "Nicholas Walsh's Oration to the Irish House of Commons, May 1586", Analecta Hibernica 45 (2014), pp. 35–52.
  • "'The State' – Ireland's Contribution to the History of Political Thought", Irish Review 48 (2014), pp. 28–34.
  • "Reformed Protestantism and the Government of Ireland, c. 1565 to 1580: the Lord Deputyships of Henry Sidney and Arthur Grey", in Thomas Herron & Willy Maley, eds., Sidney Journal, 29 (2011), pp. 71-104.