ZIELE DER FOR IN PROJEKTPHASE 2


Die FOR 2064 STRATA baut in Phase 2 auf der anhand einer repräsentativen Materialbasis in Phase 1 entwickelten Rahmentheorie einer stoffanalytischen Mythosforschung auf und erweitert diese um eine komparative, transmediale Dimension.

Durch die in Phase 1 erarbeitete kulturspezifisch und kulturvergleichend applizierbare Methodik lassen sich Mythen aus den verschiedensten Kulturräumen, von den frühesten Zeugnissen Mesopotamiens über die griechisch-römische Antike bis in die pagane und christliche Spätantike als auf kleinsten handlungstragenden Einheiten (Hylemen) aufgebaute Erzählstoffe rekonstruieren und auf stofflicher Basis vergleichen.

So konnten in Phase 1 die Strata von Mythen mit Sphärenwechseln aus textlichen Zeugnissen systematisch rekonstruiert und ihr dynamisches Potential als geschichtete Produkte komplexer Überlieferungsprozesse ausgelotet werden. Ergebnis dieser Untersuchungen waren historisch-funktionale Differenzierungen von Mythenversionen und Schichtungen innerhalb dieser Versionen, die unter anderem positive Machtmittel und Machtbereiche innerhalb der sonst meist negativ vorgestellten Unterwelt deutlich werden ließen.

Die FOR 2064 STRATA zielt in Phase 2 darauf:

  • eine transmedial-komparative Mythosforschung zu etablieren, indem nun Mythen auch aus Bildquellen sowie aus Handlungsvollzügen rekonstruiert und die je spezifischen Eigenarten und Leistungen dieser verschiedenen medialen Konkretionsformen komparativ eruiert werden;

  • ein transkulturell vertieftes Verständnis für Mythen in antiken Kulturen zu gewinnen, das auf der Analyse der Polymorphie und der Polystratie des komplexen Konvoluts von Mythen über Mächte und Machtbereiche der Unterwelt basiert. Durch diese inhaltliche Ausweitung des Untersuchungshorizonts der Rekonstruktion und Stratifikation von Mythen können die Ergebnisse aus Phase 1 zu den Sphärenwechselmythen weiter kontextualisiert und als geschichtete Entitäten historisch-funktional differenziert und vergleichend ausgewertet werden.


Die Analysen werden auf Basis der in Phase 1 erarbeiteten Daten der Digitalen Kartographie mythischer Stoffe systematisch durchgeführt und zugleich wird diese Ressource erweitert; Unterstützung erhält die FOR dabei durch ein Projekt aus den Digital Humanities. Wesentliche FOR-Ergebnisse sollen am Ende von Phase 2 digital, in Form eines Living Handbook of Mythology, einer breiteren wissenschaftlichen Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Während der ersten Förderphase hat die FOR 2064 STRATA wichtige nationale und internationale Kooperationen aufbauen können, welche die FOR-Ergebnisse durch eng vernetzte Studien vertiefen werden; die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Universitätsrechenzentrum, der Universitätsbibliothek und wissenschaftlichen Buchverlagen wird weiter ausgebaut.

Mit der Synthese der Ergebnisse erhofft die FOR 2064 STRATA Impulse für die Mythosforschung sowie eine Stärkung der interdisziplinären altertumswissenschaftlichen Forschung.



ZIELE DER FOR IN PROJEKTPHASE 1


Während die Erforschung antiker Mythen weitgehend durch den Blick auf griechisch-römische Quellen geprägt ist, erweitert die Forschungsgruppe STRATA die Materialbasis in Hinsicht auf Zeit, Raum, Inhalte und Gattungen, indem sie sowohl die früheste, altorientalische wie die spätere, jüdisch-christliche Antike einschließt.

Formal werden Mythen als Stoffe erfasst, die in verschiedener Gestalt konkretisiert werden und sowohl in kontextuell ausgeführten Kompositionen wie in isolierter Form als einzelne Handlungssequenzen vorliegen, z. B. innerhalb einer sumerischen Götterliste, einer griechischen Komödie oder im spätantiken Predigttext. Eine differenziert ausgearbeitete philologisch-historische Methodik mit Fokus auf der Analyse von Stoffen als Handlungssequenzen gibt der Forschungsgruppe ein innovatives Instrumentarium an die Hand, welches komparatistische Distinktionen auf eine systematische, quantifizierbare Basis stellt.

Die Forschungsgruppe nimmt außerdem das dynamische Potential von Mythen völlig neu in den Blick. Inhomogene Morphologien, Inkompatibilitäten und Inkonsistenzen mythischer Stoffe und Texte werden nicht als Fehler oder Ungenauigkeiten gewertet, geglättet oder gar emendiert, sondern als Indikatoren für einen komplexen Überlieferungsprozess interpretiert, deren Analyse verschiedene, historisch gewachsene Strata erkennen lässt.

Dieser innovative Ansatz wird exemplarisch auf antike Mythen mit Sphärenwechseln angewendet, also auf Mythen, die vom Gang in vertikal oder horizontal entfernte Sphären, d. h. Himmel, Unterwelt oder horizontale Randzonen wie die „Insel der Seligen“ handeln. Vorarbeiten haben gezeigt, dass solche Stoffe bislang in vielen Punkten unverständlich bleiben, so dass gerade hier ein methodischer Neuansatz Desiderat ist.