DFG-Forschungsförderung „Eigene Stelle“


"Gesetzgebungslehre in der Krise unter Berücksichtigung des Unionsrechts und des US-amerikanischen Rechts"

Eine Betrachtung der Gesetzgebungslehre in der zeitlichen Perspektive ergab erstens, dass sie sich, gemessen an der wissenschaftlichen Aufmerksamkeit, in einer Krise befand. Dieses wissenschaftliche Defizit stand zweitens in eklatantem Widerspruch zu dem praktischen Bedürfnis nach Antworten auf aktuelle Herausforderungen im Bereich der Gesetzgebung, vor allem im Umgang mit Krisen. Vor diesem Hintergrund erstrebte das Projekt die Fortentwicklung der rechtswissenschaftlichen Gesetzgebungslehre, ausgehend von der Gesetzgebung in Krisensituationen. Die Lehre von guter Gesetzgebung erlebte ihren Höhepunkt in den 1970er und 80er Jahren. Daher fehlt es weitgehend an neueren Arbeiten, die sich den aktuellen Herausforderungen der Gesetzgebungslehre widmen und zu ihrer Bewältigung beitragen können. Diese Lücke schließt das Projekt und setzt dafür erstmals umfassend an Krisensituationen an, die ein Handeln des Gesetzgebers erfordern. Als Praxisbeispiele von grenzüberschreitender Bedeutung dienen insoweit die Finanzkrise (speziell die europäische Schuldenkrise), die Terrorismusbekämpfung und die Atompolitik. Zunächst wurden das äußere und innere Gesetzgebungsverfahren in ihren Verflechtungen mit der Rechtsetzung in der Europäischen Union beleuchtet und die Grenzen einer Verfahrensbeschleunigung ermittelt. Anschließend widmete sich das Projekt der gebotenen Gestaltung von Gesetzen mit Blick auf eine mögliche Flexibilisierung der Gesetzesanwendung und Reversibilität von Gesetzen. Aus den ersten beiden Problemkomplexen folgen wiederum Konsequenzen für Funktion und Charakteristika des Gesetzes sowie seine Stellung im Gesamtsystem der Rechtsetzung und die Gewaltengliederung. Im Rahmen des gesamten Projektes galt es, die Vorgaben des Europäischen Unionsrechts zu beachten und parallele Fragestellungen auf Unionsebene auf mögliche Impulse für die deutsche Gesetzgebungslehre hin zu untersuchen. Darüber hinaus sollte eine rechtsvergleichende Betrachtung des krisenerfahrenen US-amerikanischen Rechts weiterführende Erkenntnisse liefern. Die in Krisensituationen typische Eilbedürftigkeit und anlassbezogene Reaktion, die steigende Komplexität der Regelungsmaterien und die damit oftmals verbundene unsichere Entscheidungsgrundlage stellen ein konzentriertes Abbild der allgemeinen Entwicklung dar. Dies ermöglichte ebenfalls Schlussfolgerungen für eine zukunftsfähige Fortentwicklung der allgemeinen rechtswissenschaftlichen Gesetzgebungslehre über Krisensituationen hinaus.