Prof. Dr. Ann Rigney
Von April bis Juni 2012
Ph.D., Professorin für Komparatistik
Universiteit Utrecht, Niederlande
Geboren 1957 in Dublin, Irland
Studium der Modernen englischen und amerikanischen Literatur sowie der Komparatistik in Dublin, Liège und Toronto
Forschungsvorhaben
Erinnerungspraxis und -politik in Nordirland, 1960-2010
Nachdem ich mich mit Fragen der Geschichtswissenschaft ausführlich beschäftigt habe, hat sich meine Forschung in den letzten Jahren dem breiten Forschungsfeld des kulturellen Gedächtnisses gewidmet, besonders dem, was ich die „Dynamik des kulturellen Gedächtnisses“ nenne. Mein nächstes Projekt wird diese Perspektive mit Blick auf die Erinnerungspraktiken und die Erinnerungspolitik in Nordirland 1960-2010 erweitern. Es gibt ein zunehmend wissenschaftliches Interesse an der Rolle der Erinnerung in post-conflict Nordirland – Erinnerung als ein Instrument der Versöhnung und der Aufarbeitung von Unrecht (transitional justice). Zu diesen Diskussionen gibt es Schnittstellen mit meinem Projekt, während ich mich als Kulturwissenschaftlerin und Historikerin dem Thema jedoch anders nähere: Mich interessiert die Frage, inwieweit die Erinnerung selbst bereits seit den 1960er Jahren eine Rolle spielt in der Förderung des Konflikts, der Mobilisierung von Gewalt sowie bei der Vorbereitung des Friedens durch eine Re-Imaginierung der Vergangenheit. Das jährliche Gedenken an frühere Konflikte (die ‚Battle of the Boyne‘ im Jahre 1690 für Protestanten, der Aufstand 1916 für Nationalisten) kreiert häufig Spannungen und Anlässe für Gewalt. Dazu kamen im Laufe der Zeit die Gräueltaten jüngeren Datums. In den letzten Jahren des Konflikts wurden veränderte Narrative über eine gemeinsame Vergangenheit sukzessive auf eine neue Weise aktiviert, um die verschiedenen Konfliktparteien aneinander anzunähern, was schließlich auch zum Friedensabkommen von 1998 geführt hat. Dabei spielte die gemeinsame Erfahrung des Ersten Weltkriegs eine Schlüsselrolle (vgl. Rigney 2007; Grayson 2010).
Mein Projekt wird diese kulturellen und politischen Dynamiken auf der Grundlage mehrerer Studien, die sich mit spezifischen Aspekten des kulturellen Gedächtnisses in Nordirland auseinander gesetzt haben (Schweiz 2007; McBride 1997; Dawson 2007; Conway 2010), analysieren; aber über diese Studien auch hinausgehen, durch (1) eine detaillierte Analyse des Zusammenspiels zwischen den verschiedenen Erinnerungspraktiken (in der Kunst, Erinnerungsritualen, rechtlichen Verfahren, visuellen Darstellungen, Entschuldigungen); (2) eine Berücksichtigung, wie die Erinnerungen der verschiedenen Konfliktparteien sich ineinander spiegeln und aufeinander reagieren; (3) die Untersuchung der Verschränkungen zwischen der Erinnerung an jüngste Ereignisse und den aktivierten Erzählungen über eine ferne Vergangenheit.
Ausgewählte Publikationen
Rigney, A. 1990 / 2002. The Rhetoric of Historical Representation: Three Narratives of the French Revolution. Cambridge: Cambridge University Press.
Rigney, A. 2001. Imperfect Histories: the Elusive Past and the Legacy of Romantic Historicism. Ithaca / NY: Cornell University Press.
Rigney, A. 2005. Plenitude, Scarcity and the Circulation of Cultural Memory. Journal of European Studies 35(1): 209-226.
Rigney, A. 2007. Divided Pasts: A Premature Memorial and the Dynamics of Collective Remembrance. Memory Studies 1(1): 89-97.
Rigney, A. 2012 (forthcoming). The Afterlives of Walter Scott: Memory on the Move. Oxford: Oxford University Press.