Biologie und Ökologie
Wenn wir einen Baum betrachten, dann wandert der Blick über den Stamm nach oben bis zur Krone. Auf diesem Weg kann man verschiedene Merkmale und Eigenschaften der Waldkiefer feststellen. Das markanteste Merkmal der Waldkiefer ist ihre Rinde. Sie dient als Schutz vor sämtlichen Umwelteinflüssen. Der Stammfuß ist mit einer graubraunen, plattigen und rissigen Borkenschicht bedeckt, die auch „Platten- o. Schuppenkork“ genannt wird (GRUBER, 2002).
Abb. 03: Kiefernborke
(Foto: Alsleben I.)
Im Alter wird die Borke immer stärker (s. Abb. 03), während im oberen Stammdrittel junger Bäume die Rinde dünn, von fuchsroter Farbe sich in dünnen Blättchen ablösend, kaum verändert. Diese Spiegelrinde ist für die Waldkiefer charakteristisch (s. Abb. 04).
Abb. 04: Charakteristische Spiegelrinde
(Foto: Alsleben I.)
Die Kiefer ist eine Lichtbaumart, das heißt, sie benötigt eine freie Krone zur vollen Entwicklung. Der immergrüne Nadelbaum erreicht bei
günstigen Standortbedingungen eine Höhe von 20 m bis max. 40 m und kann bis zu 600 Jahre alt werden. Das durchschnittliche Lebensalter einer Waldkiefer beträgt 200-300 Jahre. Ihren größten Holzzuwachs hat die Baumart zw. 20 und 40 Jahren zu verzeichnen, dann kann sie Baumhöhen von bis zu 16 m erreichen. Danach wächst sie bis ins hohe Alter nur geringfügig weiter. Im fortgeschrittenen Alter werden Stamm und Krone immer unregelmäßiger, da sie sich an Licht und Wind orientieren. Am Ende des Höhenwachstums (100 Jahre) angelangt, reagiert die asymmetrische Krone fast gar nicht mehr. Ihren Stammdurchmesser (BHD) misst man in der Höhe von 1, 3 m und dieser kann Dimensionen von mehreren Metern annehmen. Bäume entwickeln sich im Wald, d.h. im Bestandesschluss, anders als im Freistand. Im Bestand wächst die Kiefer als geradschaftiger, feinästiger Baum heran und bildet eine schlanke, kegelförmige Krone. In der Feldflur, wenn die Kiefer genügend Standraum hat und entsprechend viel Licht bekommt, wird sie gern grobastig und breitkronig (s. Abb. 05).
Abb. 05: Kiefern- Solitärgehölz
(Foto: Alsleben I.)
Bei der Kiefer gibt es zwei Ausbildungsformen, einmal die breitkronige Tieflandform und die schmalkronige Hochlandform. Die Letztere findet man auf Gebirgstandorten, wo die Kronen spitz bleiben und somit widerstandsfähiger gegenüber starken Schneemassen sind. Durch die schmalkronige Ausprägung der Baumkronen kommt es selten zu Kronenbrüchen durch Nassschnee. Im Laufe der Zeit passt sich die Kronenform den jeweiligen Standortgegebenheiten und Umweltbedingungen an.Bei guten Wachstumsbedingungen wachsen junge Kiefern sehr schnell und legen jährlich einige dm an Holzmasse zu. Ab dem 3. Jahr bildet die Kiefer eine regelmäßige Verzweigung, d.h. die Seitenäste sind als „Quirl“ meist zu fünf Zweigansätzen mit Nadeln am Stamm angeordnet. Später entwickeln sich daraus die Äste, die wiederum im Laufe eines Baumlebens absterben können. Die Kiefer kann diese Äste abwerfen (Totastverlierer) oder sie verbleiben am Baum (Totasterhalter). Anhand dieser jährlich neu zuwachsenden,
regelmäßigen Astquirle, die später einen stockwerkartigen Aufbau ergeben, kann man das ungefähre Alter junger Kiefern bestimmen.
Nadeln und Knospen
Die wachsüberzogenen Nadeln der Waldkiefer sind ringsum den Zweig angeordnet und sitzen jeweils paarweise in einer Nadelscheide. Kiefernnadeln sind steif, in sich gedreht und blaugrün bis silbergrau gefärbt. Ihre Nadellänge beträgt meist drei bis acht cm. Je nach Standort bleiben sie zwei bis vier oder noch mehr Jahre am Baum, bei stark geschädigten Bäumen nur wenig mehr als ein Jahr.
Die Winterknospen der Kiefer sind länglich zugespitzt oder
walzenförmig. Sie haben eine rötlichbraune Erscheinung, sind meist 6-12 mm lang und selten verharzt. Ihre Endknospen sind dagegen stumpfkegelförmig (s. Abb. 06) oder kurz zugespitzt, meist 7 mm groß.
Hell- bis dunkelbraun ist die Färbung der Knospenschuppen und durch eine starke Verharzung oft grauweiß erscheinend (GODET, 1999).
Abb. 06: Verharzte Endknospen
(Foto: Alsleben I.)
Wurzelaufbau
Die Kiefer bildet ein kräftiges, weitverzweigtes Wurzelsystem aus, das dem Stamm seine Standfestigkeit gibt. Das Wurzelsystem besteht aus einer langen, dicken, tiefgehenden Pfahlwurzel (s. Abb. 07) und mehreren stark, langgestreckten Seitenwurzeln. Im Alter von sechs Monaten verfügt eine Jungpflanze schon über 3000 Wurzelfasern. Wie die meisten unserer Waldbäume lebt auch die Kiefer mit verschiedenen Pilzen in Symbiose. Knapp 50 verschiedene Bodenpilze, darunter auch Speisepilze, wie z. B. Pfifferlinge und Milchlinge, bilden mit den Kiefernwurzeln eine Lebensgemeinschaft (Pilz Wurzel-Symbiose oder auch Mykorrhiza genannt). Einerseits versorgen die Pilze den Baum mit Nährstoffen und schützen ihn so vor Wurzelinfektionen, andererseits gibt der Baum ihnen dafür die lebensnotwendigen Kohlehydrate. Mit Hilfe des Pilzwurzelgeflechts und der ausgebildeten Pfahlwurzel gehört die Kiefer zu den Baumarten, die als sehr sturmfest gelten. Die Wasserversorgung der Kiefer ist dank des tiefgründigen Wurzelsystems sogar auf trockenen Sandböden gewährleistet.
Abb. 07: Kiefer (Tiefwurzler)
(Foto: Alsleben I.)
Kiefernverjüngung
Zur Fruktifikation, das heißt zur Ausbildung von Samen, ist die Waldkiefer ab einem Alter von 15 Jahren bereit. Sie blüht als Solitärgehölz das erste Mal zwischen 15-20 Jahren und im geschlossenen Bestand mit 30-40 Jahren. Die Kiefernpflanze ist einhäusig (monözisch), das bedeutet, dass sowohl die kleinen, zapfenähnlichen männlichen Blüten als auch die weiblichen Samenanlagen getrennt auf ein und demselben Baum sitzen. An der Basis der neuen Triebe zeigen sich die 3-8 cm langen, gelben männlichen Blüten in Form von schmalen, pyramidenförmigen Kätzchen. Die weiblichen Blütenstände findet man paarweise an den Maitrieben als rote eiförmige Zäpfchen.
Die Kiefer zählt zu den Nacktsamern, da ihre Samenanlage nicht in einem Fruchtknoten eingeschlossen, sondern frei zugänglich auf der Fruchtschuppe liegt. Die Blütezeit ist im Mai. Unter günstigen Windverhältnissen kann man im Frühling besonders die männlichen Kiefernpollen in der Luft herumschweben sehen, der sich als sogenannter „Schwefelregen“ vor allem in ausgetrockneten Pfützenrändern und auf Waldwegen als gelbe Pulverschicht zu erkennen gibt. Die weiblichen Samenanlagen werden nach der
Windbestäubung erst im nächsten Jahr befruchtet. Danach beginnen die grünen Zapfen bis auf eine Länge von 8 cm zu wachsen und werden mit den Samen im Herbst reif (s. Abb.08).
Abb. 08: Einjährige Kiefernzapfen
(Foto: Alsleben I.)
Die eikegelförmigen Zapfen wechseln im zweiten Jahr ihre Farbe von grün zu dunkelgraubraun (s. Abb.09). Im darauffolgenden Frühjahr, wenn die verholzten Kiefernzapfen sich öffnen, um den 3-5 mm großen Samen zu entlassen, kann man im Wald ein deutlich hörbar knackendes Geräusch wahrnehmen. Die Samen sind mit einem 15-20 mm langen Flügel ausgestattet und können mit der Hilfe des Windes weite Strecken (z.T. bis zu 1 km) zurücklegen.
Abb. 09: Zweijähriger Kiefernzapfen
(Foto: Alsleben I.)
Bei ausreichender Trockenheit spreizen sich die Samenschuppen auseinander und bei feuchtem Wetter kann sich der Zapfen wieder schließen. Diesen Mechanismus, bezeichnet man als hygroskopische Bewegung. Sie entsteht durch einseitiges Quellen oder Eintrocknen von Zellwänden zumeist toter Zellen (METZLER, 1989). Aus einer
Samenschuppe werden je zwei beflügelte Samen entlassen, die man auch „Schraubenflieger“ nennt. Bis dahin verbleiben die hängenden, gestielten Zapfen am Baum und fallen erst später als entleerter Zapfen zu Boden (s. Abb.10).
Abb. 10: Dreijähriger Kiefernzapfen
(Foto: Alsleben I.)
Sind die leichten Kiefernsamen durch „Anflug“ endlich am Boden angekommen, keimt der Sämling und wächst zu einem mächtigen Baum heran (SCHWARZ, 1985). Der Sämling, der sich durchsetzen kann, hat durchschnittlich 6 Keimblätter und wächst auf Rohböden sowie auf Totholz sehr gut. Kiefernkeimlinge sind von Anfang an sehr widerstandsfähig gegenüber Hitze, rauer Witterung und Verbiss, so dass sie ohne jegliche Schutzmaßnahmen heranwachsen können.Ein großer Vorteil von Kiefernsamen ist, dass sie am Boden vier bis fünf Jahre keimfähig bleiben. Die „Keimkraft“ ist die Fähigkeit des Samens sein Wachstum zu beginnen und diese Eigenschaft ist bei der Baumart Kiefer mit 95 Keimprozent sehr stark ausgeprägt (AMANN, 2002).
Ansonsten verjüngt sich die Kiefer durch ältere Samenbäume über Naturverjüngung. Für eine optimale Verjüngung braucht sie vor allem genügend Licht und gleichmäßig hohe Niederschläge. Unter Schirm, das heißt im Schatten der Laubbäume heranzuwachsen, ist für die Kiefer nicht möglich. Man findet sie oft an exponierten Stellen (Hängen, Moore usw.) mit felsigem Untergrund sowie an Waldesrändern oder in großen Bestandeslücken (s. Abb.11). Überall dort, wo sie nicht durch konkurrenzfähigere Baumarten verdrängt werden kann.
Abb. 11: Kiefernnaturverjüngung am Lärmschutzwall
(Foto: Alsleben I.)