Wirtschaftspolitisches Forum
Globalisierung schwächt die Gewerkschaften
Der KOF-Globalisierungsindex misst die wirtschaftliche, soziale und politische Dimension der Globalisierung. Belgien und Österreich sind die am stärksten globalisierten Länder der Welt – Die Schweiz liegt auf Rang 8.
Schwächt die Globalisierung die Gewerkschaften? Führt sie zu mehr Ungleichheit? Um diese und andere wirtschaftspolitisch relevante Fragen beantworten zu können, muss die „Globalisierung“ zunächst messbar gemacht werden. Unter „Globalisierung“ ist dabei weit mehr als nur die wirtschaftliche Verflechtung zu verstehen. Über die Ökonomie hinaus hat die Globalisierung eine politische, kulturelle, und auch eine soziale Komponente. Diese Komponenten sind in jüngere Versuche, die Globalisierung messbar zu machen, bereits eingegangen. Trotzdem sind die bisher bestehenden Indizes für wissenschaftliche Zwecke kaum zu gebrauchen. Sie beziehen sich auf eine recht begrenzte Zahl an Ländern und wurden nur für einige Jahre berechnet. Wichtige Dimensionen der Globalisierung fehlen. Diese Mängel behebt der KOF-Globalisierungsindex, der in wesentlichen Teilen auf bestehenden Indizes beruht, diese jedoch deutlich erweitert und für wissenschaftliche Zwecke nutzbar macht.
Der aktuelle KOF-Index misst die drei wichtigsten Dimensionen der Globalisierung für 122 Länder über den Zeitraum 1970-2004. Die wirtschaftliche Dimension misst zum einen die tatsächlichen Handels- und Investitionsströme, zum anderen aber auch, inwieweit sich Länder durch Handels- und Kapitalverkehrskontrollen nach aussen abschirmen. Die soziale Dimension der Globalisierung widerspiegelt den Grad der Verbreitung von Informationen und Ideen, während die politische Dimension auf die Stärke der politischen Zusammenarbeit zwischen den Ländern abzielt.
Belgien und Österreich vorn
Nach dem aktuellen KOF-Index ist die Globalisierung seit den 70er Jahren weltweit gestiegen, besonders aber nach 1985. Diese Entwicklung war im wesentlichen unabhängig von Einkommen und Region der betrachteten Länder, auch wenn sich das Ausmass der Globalisierung zum Teil deutlich unterscheidet. Am stärksten ausgeprägt ist die Globalisierung in reichen, westlichen Ländern (in denen der Globalisierungsprozess seit 2001 aber so gut wie stagniert). Seit 2001 liegen Belgien und Österreich an der Spitze der Rangliste der Globalisierung. Am unteren Ende der aktuellen Skala befinden sich Burundi, die Zentralafrikanische Republik und Myanmar.
Seit den 1970er Jahren setzte auch in der Schweiz ein Globalisierungsschub ein. Seit 1991 ist die Schweiz unter den zehn am stärksten globalisierten Ländern der Welt. In den Jahren 2001-2004 ging die Globalisierung allerdings zurück, was im wesentlichen auf die rückläufige wirtschaftliche Globalisierung der Schweiz zurückgeht. Folglich rutschte die Schweiz im Vergleich zum Vorjahr unter den am stärksten globalisierten Ländern der Welt um zwei Ränge nach unten (auf den 8. Rang).
Ob und inwieweit die vorderen Ränge auf der KOF-Globalisierungsskala den hinteren vorzuziehen sind, bleibt a priori offen. Zumindest was den Einfluss der Globalisierung auf die Ungleichheit und die Macht der Gewerkschaften angeht, geben zwei aktuelle KOF-Studien Auskunft: Länder, die der KOF-Index als globalisierter aufweist, müssen infolge der Globalisierung mit einer Schwächung ihrer Gewerkschaften rechnen, während die Einkommen nicht ungleicher verteilt werden.