Kunst – Religion – Kunstreligion

Wissenschaftler diskutieren die westeuropäische Säkularisierungsvorstellung – Abgrenzung zu Formen „politischer Religion“

Welches Verständnis von Säkularisierung soll der kulturwissenschaftlichen Diskussion zugrunde liegen, wenn im Zuge der Modernisierung in einigen Teilen der Welt zunehmend ein Erstarken tradierter Religionen zu beobachten ist? Fundamentalistisch geprägte religiöse Lebenswelten und Institutionen lassen die klassischen Theoreme eines linearen Prozesses der Verweltlichung fragwürdig erscheinen und stellen damit auch die westeuropäischen Vorstellungen von den Beziehungen zwischen den Feldern „Kunst“ und „Religion“ erneut in Frage. Diese Aspekte standen im Mittelpunkt eines Workshops mit dem Titel „Kunst – Religion – Kunstreligion“, zu dem das Zentrum für komparatistische Studien der Universität Göttingen am 10. Juni 2008 eingeladen hatte.

Kunstreligion

Diskutiert wurden diese Themenfelder dabei nicht nur im Rahmen der sogenannten Hochkultur, sondern auch im Hinblick auf Wechselbeziehungen mit der Popularkultur.
„Modernisierung ist heute nicht mehr einfach als ein Prozess der Säkularisierung, Rationalisierung oder gar Emanzipation beschreibbar“, so Prof. Dr. Heinrich Detering. Deshalb müsse die westeuropäische Säkularisierungs-Vorstellung in Bezug auf die Rolle von Religionen umfassend revidiert werden. Im Mittelpunkt des interdisziplinären Workshops stand daher die Frage nach einer angemessenen terminologischen Bestimmung von „Kunstreligion“. Thematisiert wurden zudem die Abgrenzung der „Kunstreligion“ von Formen „politischer Religion“ sowie mögliche analoge Entwicklungen in anderen religiösen Kulturen als der christlich-jüdischen. Ziel des Workshops, der an eine interdisziplinäre Tagung des Zentrums im vergangenen Jahr anknüpfte, war eine genauere Konturierung des Themengebiets im Hinblick auf einen künftigen Schwerpunkt des Lichtenberg-Kollegs.
In einem öffentlichen Abendvortrag sprach Prof. Dr. Hans Rudolf Vaget zum Thema „Katzengold: Kunst und Religion in Goethes ‚Wanderjahren‘“. Der Germanist ist emeritierter Professor am Smith College in Northampton (USA).