Mythen und Brauchtum
Nur noch wenige Menschen kennen die Bedeutung, welche die Wälder und Bäume vor dem Einzug des Christentums für die damalige Bevölkerung hatten. So wird z. B. in der nordischen Mythologie die Existenz des Menschen auf die Bäume Ask und Embla (Esche und Ulme) zurückgeführt, aus denen die Götter Mann und Frau erschufen (LAUDERT, 2003).
Die Tanne galt schon bei unseren Vorfahren als Sinnbild für Schönheit, Stärke und Größe. Allein durch ihr Erscheinungsbild strahlt sie Achtung und Würde aus und wird deshalb auch als „Königin des Waldes“ bezeichnet. Vielfach nahmen die Menschen an, dass solch mächtige, alte Baumriesen ein beseeltes Lebewesen darstellen. Solch ein Baumgeist wird in dem Märchen von Wilhelm Hauff „Das kalte Herz“ beschrieben. Der wohl bekannteste Teil aus diesem Märchen ist die Beschwörung des Tanngeistes durch den jungen Köhler Peter Munk:
„Schatzhauser
im grünen Tannenwald,
bist schon viel hundert Jahre alt,
Dein ist all Land wo Tannen stehn,
läßt dich nur
Sonntagskinder sehn.“
Brauchtum des Weihnachtsbaumes
Der bedeutendste Brauch aus früheren Zeiten, den man in Verbindung mit einem Tannenbaum bringt, ist das Aufstellen eines geschmückten Tannenbaumes zum Weihnachtsfest. 1539 stand der erste urkundlich erwähnte Weihnachtsbaum im Straßburger Münster. Als Ursprung dieses Brauchtums wird das Julfest der Germanen genannt. Dieses Fest wurde im Julmond, dem heutigen Monat Dezember, zur Wintersonnenwende gefeiert. Damit wurde der Sieg des Lichtes über die Dunkelheit geehrt. Hierzu hat man Tannenzweige auf öffentlichen Plätzen und vor Häusern verteilt, die eine heilende und schützende Wirkung auf die jeweiligen Personen bzw. den Ort ausüben sollten.
Das Aufstellen eines solchen Baumes war jedoch lange Zeit umstritten. Erst Ende des 18. Jahrhunderts wurde dieser Brauch von der Kirche anerkannt und verbreitete sich daraufhin in der Bevölkerung. In den Anfangszeiten fiel die Wahl des Baumes auf die beliebte Weißtanne, da sie zu der Zeit noch reichlich in den Wäldern vorkam. Später wurde sie zunehmend von der Fichte abgelöst, da diese in ganz Deutschland vermehrt angepflanzt wurde.