04/11/2010: AWO-Kreisverband drückt Löhne mit Leiharbeit
Nicht nur die Gewerkschaften, sondern auch die Wohlfahrtsverbände machen schon seit langem Front gegen prekäre Beschäftigung und Niedriglöhne. Dies gilt auch für die SPD-nahe Arbeiterwohlfahrt (AWO), die auf Bundesebene gegen Lohndumping und ausufernde Leiharbeit kämpft. Wie jetzt das Internetportal der WAZ Mediengruppe Der Westen berichtet, stelle der AWO-Kreisverband Essen Pflegekräfte grundsätzlich nur noch als Leiharbeiter ein. In ihren sechs Essener Pflegeheimen würde der Verband nach und nach die zum höheren AWO-Tarif bezahlten Mitarbeiter systematisch durch Kräfte der hauseigenen AWO Service GmbH ersetzen. Dort verdienten Fachkräfte rund zehn Prozent und Pflegehelfer teils 17 Prozent weniger. Grund sei die Senkung der Lohnkosten, wie der Geschäftsführer Wolf Ambauer offen eingeräumt habe: „Wir stehen in einem harten Wettbewerb mit anderen Anbietern und müssen auf die Kostenentwicklung reagieren“. Er habe außerdem darauf verwiesen, dass aus den Pflegekassen zu wenig Geld in die Heime fließe. Man könne aber nicht mehr zahlen, als die Kostenträger an Geld zur Verfügung stellten.
Mit dieser Praxis scheint der Essener Kreisverband nicht allein dazustehen. Auch die Arbeiterwohlfahrt im Ennepe-Ruhr-Kreis setze Leiharbeiter in der Pflege und anderen Sozial- und Gesundheitsberufen ein, heißt es in einem weiteren Bericht des Westens. Im Unterschied zur AWO in Essen würde der Unterbezirk aber nach wie vor eigene Mitarbeiter einstellen, habe der Kreisgeschäftsführer Jochen Winter erklärt. Leiharbeiter setze man nur da ein, wo schnell Ersatzkräfte gebraucht würden und auch nur bei solchen Firmen, die die Zeitarbeitskräfte relativ schnell in den ersten Arbeitsmarkt vermittelten.
Wie Der Westen weiter berichtet, hätte die AWO im Ennepe-Ruhr-Kreis vor einigen Jahren den Zuschlag zur Gründung einer Personalserviceagentur (Peso) bekommen, in der derzeit rund 150 Arbeitnehmer beschäftigt seien. Als Leiharbeiter würden sie an andere Arbeitgeber entliehen, aber auch in eigenen Häusern eingesetzt, wenn es Ausfälle durch Krankheit oder Arbeits- bzw. Auftragsspitzen gebe. Hinsichtlich der Bezahlung erklärte Winter, die Peso sei der IGZ angeschlossen, der Interessengemeinschaft für Zeitarbeitsfirmen, wo es mit dem DGB vereinbarte Tarife gebe.
Eine Untersuchung des Instituts Arbeit und Technik (IAT) vom Juni 2010 hatte bereits ergeben, dass Leiharbeit auf dem Pflege-Arbeitsmarkt zunehmend feste Stellen ersetze, weil Krankenhäuser, Altenheime und mobile Pflegedienste in den letzten Jahren tausende feste Arbeitsplätze abgebaut hätten (siehe 22.06.2010).
Quellen: Der Westen vom 03.11.2010
Der Westen vom 04.11.2010