03/03/2010: Nicht einmal jeder zweite Anspruchsberechtigte "stockt auf"
Die Hans-Böckler-Stiftung (HBS) berichtet über Zwischenergebnisse aus einem von ihr geförderten Forschungsprojekt der Frankfurter Wirtschaftswissenschaftlerin Dr. Irene Becker. Danach würden etwa 500.000 vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer/innen in Deutschland ihren Anspruch auf staatliche Unterstützung nicht wahrnehmen. Sie ließen ihren geringen Verdienst nicht mit ergänzendem Arbeitslosengeld II "aufstocken", obwohl das rechtlich möglich wäre. Die Zahl der Vollzeitbeschäftigten, die in verdeckter Armut lebten, übersteige somit deutlich die Zahl der rund 400.000 vollzeitbeschäftigten "Aufstocker".
Die Verteilungsforscherin habe für ihre Untersuchung Daten des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) ausgewertet. Nach ihren Berechnungen ergebe sich, dass in den letzten Jahren auf 100 Vollzeitbeschäftigte, die ihren Anspruch auf ergänzende Grundsicherung geltend gemacht hätten, etwa 120 Menschen mit Vollzeitjob kamen, die das nicht getan hätten. Zentrale Gründe für den Verzicht auf staatliche Unterstützung sehe die Forscherin neben mangelnder Informiertheit über Ansprüche auch in der Scham, durch Hartz IV stigmatisiert zu werden, oder der Scheu, sich mit dem komplizierten Antragsverfahren auseinanderzusetzen.
Quelle: HBS-Pressemitteilung vom 03.03.2010