12/01/2011: Lohndumping durch Leiharbeit auch in der Diakonie
Mit der Neuregelung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes zum 1. Januar 2004, in der das Synchronisationsverbot, die Wiedereinstellungssperre und die Beschränkung der Überlassungsdauer aufgehoben wurden, vollzog die damalige Bundesregierung eine weitgehende gesetzliche Deregulierung der Leiharbeit – mit folgenschweren Konsequenzen: Im Zuge des seit Jahren anhaltenden Booms der Leiharbeit wurde vielfach auch reguläre Beschäftigung durch Leiharbeit ersetzt, zudem häuften sich die Fälle, in denen Unternehmen systematisches Lohndumping betrieben, indem sie regulär Beschäftigte entließen und anschließend als Leiharbeiter/innen in eigens gegründeten Zeitarbeitsfirmen zu niedrigeren Löhnen wieder einstellten.
Auch in der Pflegebranche häufen sich die Fälle von Lohndumping und Prekarisierung der Beschäftigung. Nach einer Untersuchung des Instituts Arbeit und Technik (IAT) hätten Krankenhäuser, Altenheime und mobile Pflegedienste in den letzten Jahren tausende feste Arbeitsplätze abgebaut und zumindest teilweise durch Leiharbeit ersetzt (siehe 22.06.2010). Zudem wurden Fälle bekannt, in denen Wohlfahrtsverbände die Lohnkosten in ihren Pflegeeinrichtungen durch den Einsatz von schlechter bezahlten Leiharbeitern aus eigenen Personalserviceagenturen zu senken versuchen (siehe 04.11.2010).
Wie der Stern jetzt berichtet, würden auch Pflegeeinrichtungen des Wohlfahrtsverbandes der evangelischen Kirche, der Diakonie, „durch Dumpingmethoden“ die Löhne zehntausender Angestellter drücken. Dies geschehe unter anderem dadurch, dass die Heime die unternehmenseigene Leiharbeitsfirma Dia Logistik nutzten, um neue Mitarbeiter zu den niedrigeren Zeitarbeitstarifen einzustellen. Zudem würden Geschäftsführer diakonischer Einrichtungen GmbHs gründen, um gekündigte Beschäftigte zu schlechteren Konditionen wieder neu einzustellen.
Nach Aussage des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, seien acht Prozent (35.000 Mitarbeiter) der Diakonie-Beschäftigten ausgelagert, wobei er gegenüber dem Magazin eingeräumt habe, dass es unter diesen Beschäftigten „Probleme mit der Lohnhöhe“ gebe. Der Sprecher der diakonischen Mitarbeitervertreter, Michael Heinrich, gehe dagegen von 75.000 Beschäftigten aus, die bei der Diakonie unter Lohndumping leiden würden, so der Stern.
Quelle: Stern.de vom 12.01.2011