11/10/2011: Callcenterboom sorgt für mehr Niedriglohnbeschäftigung
Nach einem Bericht der Nordsee-Zeitung gebe es einen regelrechten Callcenter-Boom, der sich in wachsender Beschäftigung niederschlage. So habe sich in den vergangenen fünf Jahren die Zahl der Voll- und Teilzeitbeschäftigten in Callcentern um 74 Prozent erhöht.
Gemäß Zahlen der Bundesagentur für Arbeit sei die Zahl der Beschäftigten von 54.000 im Dezember 2005 auf 94.000 im Dezember 2010 angestiegen. Allerdings sei der Anteil der Geringverdiener in Callcentern überdurchschnittlich hoch. Nach Daten der Bundesagentur für Arbeit fielen 64 Prozent der Vollzeitbeschäftigten in diese Kategorie, während in der gesamten deutschen Wirtschaft der Anteil der zu Niedriglöhnen arbeitenden Vollzeitbeschäftigten bei 23 Prozent liege.
Gleichzeitig werde die Callcenter-Branche gleich dreifach vom Staat und damit durch den Steuer- und Beitragszahler subventioniert. Zunächst würden die Niedriglöhne der Geringverdiener aufgestockt: Im Vorjahr hätten 4,9 Prozent der Voll- und Teilzeitkräfte zusätzliche Hartz IV-Leistungen bezogen, weil ihr regulärer Lohn nicht zum Leben gereicht hätte. Diese Unterstützungsleistungen hätten sich allein im Dezember 2010 auf fast 2,2 Millionen Euro summiert. Darüber hinaus sei im Vorjahr jeder achte Job in Callcentern durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen gefördert worden. Und drittens werde auch die Ansiedlung von Callcentern gefördert. Laut Bundesregierung seien für die 20 am meisten geförderten Callcenter im Rahmen des Bund-Länder-Programms zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftstruktur zwischen 2005 und 2010 fast 126 Millionen Euro bereitgestellt worden.
Das Blatt zitiert dazu die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Sabine Zimmermann, die von einem Skandal spreche: „Kein Mindestlohn, aber Millionensubventionen für eine Branche, die Armutslöhne zahlt.“
Quelle: Nordsee-Zeitung vom 11.10.2011
Weiterlesen: Niedriglöhne in der Call-Center-Branche und das gescheiterte Mindestlohnverfahren. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sabine Zimmermann, Jutta Krellmann, Diana Golze, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. BT-Drucksache 17/6777 (10/2011).