06/11/2012: Mehr als ein Drittel der Beschäftigten arbeitet atypisch
Nach Analysen der Arbeitsmarktforscher/innen Berndt Keller, Susanne Schulz und Hartmut Seifert haben sich in den letzten zwanzig Jahren die verschiedenen Formen atypischer Beschäftigung stetig ausgebreitet. Zuletzt musste sich bereits mehr als ein Drittel aller Arbeitnehmer/innen mit Leiharbeit, Mini- und Midijobs, Teilzeit oder befristeten Arbeitsverträgen begnügen – selten freiwillig, aber oft zu Niedriglöhnen.
Wie ihre im Auftrag des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung vorgenommene Auswertung von aktuellen Daten des Sozio-oekonomischen Panels, des Statistischen Bundesamts und der Bundesagentur für Arbeit ergab, verliert das Normalarbeitsverhältnis auf einem zunehmend heterogenen Arbeitsmarkt an Bedeutung. Dagegen haben sämtliche Formen atypischer Beschäftigung zugenommen. Eine Zusammenfassung der zentralen Analyseergebnisse enthält die kürzlich erschienene Ausgabe Nr. 17/2012 der Zeitschrift Böckler impuls.
Danach habe sich der Anteil der Leiharbeiter, Mini- und Midijobber, befristet oder in Teilzeit Beschäftigten im Zeitraum von 1990 bis 2010 von etwa 20 Prozent auf mehr als ein Drittel aller Arbeitnehmer erhöht. Mit einem Anteil von mittlerweile über 26 Prozent der abhängig Beschäftigten sei Teilzeitarbeit am weitesten verbreitet. Etwa 10 Prozent der Beschäftigten hätten 2010 einen befristeten Arbeitsvertrag gehabt. Geringfügig beschäftigt (Minijobs) seien gut 14 Prozent aller Beschäftigten gewesen, während Leiharbeit mit 2,5 Prozent nur ein vergleichsweise kleines Segment des Arbeitsmarkts umfasse.
Atypische Beschäftigung sei vor allem in bestimmten Dienstleistungsbereichen weit verbreitet. Während im Verarbeitenden Gewerbe, im Baugewerbe sowie im Bereich Energie und Wasserversorgung über 80 Prozent der Beschäftigten in einem Normalarbeitsverhältnis stünden, seien im Gastgewerbe etwa 55 Prozent der Arbeitnehmer/innen atypisch beschäftigt. Im Gesundheitswesen belaufe sich ihr Anteil auf 50 Prozent und im Bereich Erziehung und Unterricht auf 47 Prozent.
Quelle: Zwei Jahrzehnte Flexibilisierung: Ein Drittel arbeitet atypisch. In: Böckler impuls 17/2012, S. 4-5.
Weiterlesen: Keller, B./ Schulz, S./ Seifert, H. (2012): Entwicklung und Strukturmerkmale der atypisch Beschäftigten in Deutschland bis 2010, WSI-Diskussionspapier Nr. 182, Oktober, Düsseldorf.