17/02/2014:
Ein Blick auf die atypische Beschäftigung in den Niederlanden
Während atypische Beschäftigungsformen in Deutschland erst seit gut zwei Jahrzehnten deutlich an Bedeutung gewinnen, ist der Arbeitsmarkt in den Niederlanden schon sehr viel länger durch hohe Anteile an Teilzeitbeschäftigung und anderen atypischen Beschäftigungsverhältnissen gegenüber relativ geringen Anteilen an Normalbeschäftigungsverhältnissen geprägt. Mitverantwortlich dafür war vor allem die in den 1980er Jahren zur Bekämpfung der hohen Arbeitslosigkeit eingeleitete Arbeitsmarktpolitik der Flexibilisierung, die später auch als Wegbereiter für Flexicurity-Konzepte, die Flexibilität am Arbeitsmarkt mit sozialer Sicherheit verknüpfen wollen, angesehen wurde.
In einem eben erschienen Beitrag für die Reihe IZA Discussion Papers des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) werfen die Autorinnen Anne C. Gielen und Trudie Schils erneut einen Blick auf den sehr heterogenen Arbeitsmarkt in den Niederlanden und analysieren unter Rückgriff auf OSA-Paneldaten zum Arbeitsmarkt die Entwicklung atypischer Beschäftigungsformen im Zeitraum von 1994 bis 2008, wobei sie vor allem die Frage interessiert, wie sich der allgemeine Entwicklungstrend in den unterschiedlichen Berufszweigen niederschlägt.
Nachdem die Autorinnen zunächst die wesentlichen Strukturmerkmale atypischer Beschäftigung in den Niederlanden herausarbeiten und dabei einen klaren Zusammenhang mit niedrig entlohnter Beschäftigung herstellen können, unterscheiden sie im weiteren Verlauf der Analyse über alle Berufszweige hinweg zwischen zwei Typen von atypischer Beschäftigung: für Arbeitnehmer vorteilhafte flexible Beschäftigungsformen und sie benachteiligende Formen atypischer Beschäftigung.
So finden sie auf der einen Seite in Form der befristeten Beschäftigung, der Niedriglohnjobs und der unfreiwilligen Teilzeitarbeit für Arbeitnehmer nachteilige Beschäftigungsformen. Diese sind überwiegend im Bereich einfacher und niedrig qualifizierter Arbeit zu finden, wobei unfreiwillige Teilzeitarbeit in der Gruppe der Hochqualifizierten stärker ausgeprägt ist. Demgegenüber sehen die Autorinnen in den Beschäftigungstypen Existenzgründung (selfemployment) und Berufswechsel (occupational job changes) Formen atypischer Beschäftigung, die der Berufskarriere von Erwerbstätigen förderlich sind. Diese Beschäftigungsformen sind ganz überwiegend im Bereich der hochqualifizierten Berufstätigen verbreitet.
Wie die weitere Analyse zeigt, ist dieses Beschäftigungsmuster alles andere als stabil: In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist die geringqualifizierte Beschäftigung einerseits zurückgegangen, wobei auf die nachteiligen atypischen Beschäftigungsformen zugleich steigende Anteile entfielen. Andererseits hat sich die Zahl der hochqualifizierten Arbeitsplätze erhöht und zwar ohne dass es hier zu einer Ausweitung der als nachteilig bewerteten atypischen Beschäftigungsformen gekommen ist.
Für den Befund einer in den verschiedenen Berufszweigen unterschiedlich verlaufenden Entwicklung der atypischen Beschäftigung lassen sich nach Aussage der Autorinnen mehrere Ursachen benennen. Zu ihnen zählen sie die in den Berufszweigen verschieden ausgeprägten Qualifikationsanforderungen ebenso wie die unterschiedliche Stärke gewerkschaftlicher Interessenvertretung. Eine wichtige Rolle spielt ihrer Ansicht nach aber auch die gegenwärtige ökonomische Krise sowie der generelle Trend zur Dienstleistungsökonomie. Und nicht zuletzt ist die Entwicklung bei den atypischen Beschäftigungsformen auch Ausdruck einer veränderten Arbeitsnachfrage der Beschäftigten selbst.
Quelle: Gielen, A. C./ Schils, T. (2014): Non-Standard Employment Patterns in the Netherlands. IZA Policy Paper, No. 77, January, Bonn.
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