13/05/2014:
OECD-Bericht kritisiert Politik des gespaltenen Arbeitsmarktes
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ist eher für Forderungen nach neoliberal ausgerichteten (Struktur-) Reformen bekannt, als dafür, die Qualität wirtschaftlicher Entwicklungen am Wohlergehen derjenigen festzumachen, die den gesellschaftlichen Reichtum erarbeiten. Da kann es schon überraschen, dass der soeben veröffentlichte OECD Wirtschaftsbericht, eine im Zweijahresrythmus erscheinende Analyse einzelner Volkswirtschaften durch die Mitgliedsländer, deutliche Kritik an der Arbeitsmarktentwicklung in Deutschland übt und eine Überwindung der Spaltung in gut abgesicherte und prekär Beschäftigte fordert.
Wie aus einer Pressemeldung der OECD hervorgeht, solle Deutschland laut Bericht danach streben, die Zweiteilung des Arbeitsmarktes in Arbeitnehmer mit unbefristeten Verträgen, einem höheren Kündigungsschutz und häufig auch einem komfortableren Gehalt und jene mit befristeten Verträgen, wenig Schutz und geringerem Lohn zu verringern. Ein allgemeiner, von einer unabhängigen Expertenkommission festgelegter Mindestlohn könne dabei helfen. Ebenso eine Angleichung der Regeln zum Beschäftigungsschutz in befristeten und unbefristeten Verträgen.
Als "problematisch" bezeichnet die OECD den stark angewachsenen Niedriglohnsektor und den hohen Anteil von Menschen in befristeten Beschäftigungsverhältnissen. Auch habe sich die stark gesunkene Arbeitslosigkeit nicht positiv auf das Armutsrisiko im Lande ausgewirkt. Insgesamt habe die Aufwärtsmobilität von Geringverdienern sogar abgenommen.
Sueddeutsche.de zufolge sei laut Bericht das Armutsrisiko für geringfügig Beschäftigte wie Minijobber, Alleinerziehende, Langzeitarbeitslose, ältere Beschäftigte und Zuwanderer nach wie vor besonders groß. Zugleich seien die Aufstiegschancen von Geringverdienern gesunken. Ihnen drohe oft Altersarmut, da die Rentenansprüche in Deutschland enger als in vielen anderen OECD-Staaten an die Einkommen gekoppelt seien.
Der aktuelle Bericht ist nicht die erste Kritik der Organisation an der deutschen Arbeitsmarktpolitik. 2012 hatte die OECD Deutschland in einer Arbeitsmarktstudie dafür kritisiert, dass es sich zu einem der OECD-Länder mit dem höchsten Anstieg der Lohnungleichheit entwickelt hat (siehe 10.07.2012).
Quellen:
OECD-Pressemitteilung vom 13.05.2014
Sueddeutsche.de vom 13.05.2014
Weiterlesen:
OECD (2014): OECD Wirtschaftsberichte: Deutschland 2014, OECD Publishing.