Tagung: "Das Gesandtschaftspersonal in den frühneuzeitlichen Außenbeziehungen"
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Bisher hat sich die diplomatiehistorische Forschung nahezu ausschließlich auf die Gesandten des 'ersten Rangs' konzentriert, in aller Regel auf adlige Botschafter, die ihren Fürsten im Sinne eines 'Abbilds' repräsentierten. Kaum untersucht sind hingegen solche Akteure, die sich im Umfeld der Diplomaten aufhielten, maßgeblich am diplomatischen Alltag teilnahmen, aber häufig wenig Spuren in den offiziellen Quellen hinterlassen haben - zu denken wäre etwa an Boten, Schreiber, Sekretäre, Schatzmeister, Geistliche, Übersetzer und Dolmetscher, aber auch an persönliche Bedienstete, Familienmitglieder und Freunde des Botschafters.
Um aber frühneuzeitliche Diplomatie angemessen beschreiben zu können, so unsere These, ist es notwendig, die traditionelle Fokussierung auf die Diplomaten des ersten Rangs zu überwinden und stattdessen das Zusammenwirken der adligen Botschafter mit ihren Untergebenen zu analysieren. Nur auf diese Weise ist es möglich, Diplomatie nicht als individuelle Leistung einzelner 'großer Männer', sondern als kollektive Praxis zu untersuchen. Dazu ist es notwendig, nicht mehr in erster Linie Audienzen und andere höfische Zeremonien, sondern verstärkt auch den Alltag frühneuzeitlicher Diplomatie in den Blick zu nehmen. Dies betrifft sowohl die alltäglichen Verfahrensabläufe innerhalb einer Botschaft, an denen eben immer eine ganze Reihe von Personen beteiligt war. Es betrifft aber auch die Kommunikation innerhalb des 'diplomatischen Milieus', die eben keineswegs vorrangig auf Ebene der Gesandten stattfand, sondern ganz wesentlich auch auf der des Gesandtschaftspersonals. Frühneuzeitliche Diplomatie war geradezu strukturell auf die Verbindungen und Netzwerke ihrer niederrangigen Akteure angewiesen.Auf der Tagung werden verschiedene Akteure und ihre jeweilige Rolle für den diplomatischen Alltag in den Blick genommen. Dabei wird es einerseits um ihren sozialen Hintergrund, Karriereverläufe und die Soziabilität innerhalb eines 'diplomatischen Milieus' gehen. Andererseits wird nach dem Verhältnis von Formalität und Informalität sowie nach einer möglichen Professionalisierung des Gesandtschaftspersonals gefragt.
Überblick über das Tagungsprogramm
Das komplette Tagungsprogramm findet sich hier zum Download.Panel 1
Chair: Peter Burschel (Wolfenbüttel/Göttingen)
- Matthias Pohlig (Berlin): Formalität und Informalität. Zur Bedeutung und Reichweite einer diplomatiehistorischen Unterscheidung
- Charlotte Backerra (Darmstadt): Privatsekretär, Legationssekretär, Resident - und Botschafter?: Diplomatische Karrieren im frühen 18. Jahrhundert
Panel 2
Chair: Christine Vogel (Vechta)
- Tilman Haug (Münster): 'Service du Roy en Allemagne' in der zweiten Reihe - Informanten, Vermittler und andere Zuträger der französischen Diplomatie im Alten Reich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts
- Nadja Ackermann (Bern): Von Domestiken zu Diplomaten? Zum Status preußischer Gesandtschaftssekretäre im 18. Jahrhundert
Panel 3
Chair: Hillard von Thiessen (Rostock)
- Tom Tölle (Hamburg): Dynastic News in Stanhope's Household (and Beyond): British Envoys between Family Obligation, Clientage, and Office
- Tracey Sowerby (Oxford): Roger Ascham: A Typical Tudor Embassy Secretary?
- Florian Kühnel (Göttingen): Amt und Person. Die englischen Botschaftssekretäre im frühneuzeitlichen Istanbul
Panel 4
Chair: Florian Kühnel (Göttingen)
- Christine Vogel (Vechta): Karrierechancen und -risiken französischer Botschaftssekretäre im Osmanischen Reich
- Irena Fliter (Tel Aviv): Multifarious and Multitasking: The Dragomans, Secretaries and Financiers of Ottoman Diplomatic Missions to Late Eighteenth-century Prussia
Abschlusskommentar und -diskussion
Hillard von Thiessen (Rostock)