Begrüßung zur Absolventenfeier 2025
Liebe Absolventinnen und Absolventen,
Ihnen – und Ihren Angehörigen – gratuliere ich sehr herzlich zu Ihrem juristischen Staatsexamen, Doktorat oder Master. Gegen alle Widrigkeiten haben Sie sich behauptet, haben Covid-19 überstanden, sind dann fast wiedergeboren, um Ihr Studierendenleben in der kurzen Zeit zwischen dem Ende der Pandemie und dem Anfang des Examenslernens im Schnelldurchgang zu genießen, haben den Examensstress durchgestanden, erst in Klausuren, dann in einer mündlichen Prüfung. Ihre Familien haben sie nun auch wieder, dazu ihre Freundinnen und Freunde, ohne die Sie die schwere Zeit nicht durchgehalten hätten. Deswegen sollen Sie heute alle zusammen diesen Erfolg feiern!
Mit ihrem Staatsexamen, Ihrem Diplom, Doktorat oder Master haben Sie eine wichtige Schwelle überschritten, haben die Seite wechselt von der Schulbank ins Leben. Aus Lernenden werden Praktikerinnen und Praktiker, als Referendarinnen und Referendare, angehende Richterinnen, Rechtsanwälte oder auch Lehrende an den verschiedenen Hoch- und Fachschulen.
Ganz herzlich begrüße ich den Richter am Europäischen Gerichtshof Tim Eicke, der die Festrede halten wird. Exzellenz, lieber Tim, Deine Anwesenheit hier ist für die Fakultät und mir persönlich eine ganz besondere Freude und Ehre! Du bist ein waschechter Niedersachse, und doch hast Du es zum britischen Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gebracht! Wie das passieren konnte, wirst Du uns gleich erzählen, und uns damit Mut machen für das Unerwartete, Ungeplante, denn „Umwege bereichern“.
Ebenso herzlich begrüße ich unsere ungarischen Freunde und Gäste von der ELTE Universität in Budapest; zunächst selbstverständlich unsere beiden frisch gebackenen Ehrendoktoren Professor Varga und Professor Sonnevend! Ebenso herzlich freue ich mich über die Anwesenheit des ehemaligen Dekans Prof. Dr. Miklós Király der die deutsche Rechtsschule aufgebaut hat, und Frau Kollegin Prof. Dr. Krisztina Rozsnyai, die in dieser Woche auch eine Vorlesung an der Fakultät über „Courts and Administration“ gehalten hat.
Wir verleihen aber heute auch Preise, für die besten Dissertationen des vergangenen Jahres an Frau Dr. Shgahayegh Ashrafzadeh Kian und Herrn Marwin Kerlen. Gleichzeitig ist das auch eine Ehre für die Betreuer der Arbeiten, die Kollegen Mann und Meinel, die ich mit allen anderen Kolleginnen und Kollegen herzlich begrüße. Dass hier wirklich ein Preis verliehen wird, verdanken wir zwei bereits etablierten Sponsoren, der Juristischen Gesellschaft zu Kassel und der Göttinger Kanzlei Albus Legal, für deren verlässliches Engagement wir sehr dankbar sind.
Dass wir aber die Lehre hier besonders wichtig nehmen, demonstrieren die Preise für die Lehre, insbesondere an unsere Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, vertreten durch Herrn Otter und Herrn Eh für die besten Begleitkollegs, aber auch natürlich an unseren geradezu auf Preise abonnierten Kollegen Uwe Murmann, der auch in Professorenkreisen sehr beliebt ist, und – mit besonderer Freude – den Habilitanden Dr. Simon Gerdemann und die Privatdozentin und Lehrstuhlvertreterin von Frau Kollegin Schwerdtfeger, Frau PD Hollo. Sie setzt damit eine Lehrstuhltradition fort. Liebe Angela, Du konntest dem Sog der Hauptstadt verständlicherweise nicht widerstehen, aber wir bleiben Dir freundschaftlich verbunden und sind unendlich dankbar für Deinen enormen Einsatz in Lehre und Forschung und stets freundliche und aufmunternde Art! Der besondere Erfolg des Graduiertenkollegs zur Migration, das Du zusammen mit den Kollegen Deinert und Baur nach Göttingen geholt hast, wird als Zeugnis hierbleiben – besagter Koffer ist also nicht nur in Berlin zu finden.
Frau Ehlers vom Alumniverein wird die Geleitworte vervollständigen und hat auch eine Bitte an Sie. Neben dem beständigen Einsatz des Alumnivereins bedanke ich mich auch für die im wahrsten Sinne optimale musikalische Begleitung des Trio optimal.
Liebe Absolventinnen und Absolventen:
Wenigstens in einem Punkt werden Sie es einfacher haben als die meisten Ihrer Vorgängerinnen und Vorgänger: Sie werden als Juristinnen und Juristen von der Gesellschaft dringend gebraucht, die Pensionierungswelle hat die Gerichte erfasst; manche Rechtsanwaltskanzleien zahlen den begabtesten Anfängern bereits hohe Gehälter. Künstliche Intelligenz kann die abwägende individuelle Richterpersönlichkeit nicht ersetzen, aber hoffentlich mit etwas Kontrolle langweilige Routineaufgaben übernehmen. Um so wichtiger ist die Qualität Ihrer Ausbildung, die wir an der Juristischen Fakultät weiterhin hochhalten. Für die neue KI-Welt bieten wir mit KILT nunmehr ein Zertifikat an, das auch den künftigen Rechtsreferendarinnen und referendaren anempfohlen sei – für Studierende gibt es dafür sogar ein Freisemester. Wer ein englischsprachiges Masterstudium draufsetzen will, der kann in Göttingen zwischen LIPIT, einem Master in IT- und IP-Recht, also Informationstechnologierecht und Urheberrecht, und dem Goettingen Master in International Law wählen.
Trotz dieser guten Aussichten herrscht nicht nur eitel Sonnenschein. Mit Sorge reden wir nicht nur über Putins Angriffskrieg, Terror und Kriegsrechtsverletzungen im Nahen Osten. Wir reden auch über den Kampf der Trump-Administration von freier Meinungsäußerung – ja, das ist für Sie, Vizepräsident Vance, wir geben das Kompliment zurück – besonders aber die freie Wissenschaft – „the professors are the enemy“ - als ob man Klimawandel und Artensterben durch Verschweigen aufhalten könnte. Aber auch hier in Deutschland erleben wir gerade, wie die wissenschaftliche Leistung einer renommierten Kollegin durch die sog. Sozialen Netzwerke gezogen und entstellt wird. Selbstverständlich hat niemand ein Recht darauf, vom Bundestag nach wissenschaftlichen Kriterien beurteilt und mit Zweidrittelmehrheit an das BVerfG gewählt zu werden. Wohl aber darauf, dass Ihre wirklichen Auffassungen korrekt wiedergegeben und diskutiert werden, nicht eine Fratze davon.
Gerade in diesen Zeiten wird von Ihnen als angehenden Juristinnen und Juristen Mut abverlangt. Wer einen „deal“ mit Regierungen über die rechtanwaltliche Berufsausübung macht, hat seine Unabhängigkeit schon verloren. Wir haben versucht, Sie in Grundlagenveranstaltungen zu Selbstreflexion anzuregen und durch Kenntnis gerade unserer deutschen Vergangenheit mit zwei – bei allen Unterschieden - rechtsfeindlichen Diktaturen vor dem Nachgeben gegenüber autoritären Versuchungen zu warnen. Das verlangt das Deutsche Richtergesetz – anders als neulich auf LTO zu lesen war, in § 5a auch von unseren Absolventinnen und Absolventen und wird von meinen Kollegen und mir auch geprüft. Diesen Examenstipp dürfen Sie gern an Ihre Nachfolgerinnen und Nachfolger weitergeben!
Letztlich kann nur das Recht unsere Demokratie vom Abgleiten in Anarchie und Gewalt bewahren. Wer im Fall eines vom GG gebotenen Parteiverbots bei Erfüllung aller Voraussetzungen von einem drohenden Bürgerkrieg spricht, wie ausgerechnet der Historiker Andreas Rödder, hat die Lektion offenbar nicht gelernt. Niemand soll die Wehrhaftigkeit des demokratischen Rechtsstaats unterschätzen, für den auch Sie nunmehr als Juristinnen und Juristen einstehen.
Schließen werden wir mit dem obligaten Foto und verlegen uns dann auf den Campus für Sektempfang und Sommerfest!
Für Ihre Zukunft als Organe der Rechtspflege, auf welcher Seite und in welcher Funktion auch immer, sehe ich Sie gut gerüstet und wünsche ich Ihnen im Namen der Fakultät und persönlich alles mögliche Glück und viel Erfolg!
Zunächst wird nun Herr Dr. Schnelle, den ich ganz herzlich zum letzten Mal in dieser Funktion hier begrüße, das Resümee seines letzten Jahres als stv. Leiter des Landesjustizprüfungsamts ziehen. Herr Dr. Schnelle, ich bedanke mich bei Ihnen für fünf Jahre wirklich vertrauensvoller Zusammenarbeit! Es war nicht immer ganz einfach sicherzustellen, dass die Lehrenden jedenfalls insoweit auch Prüfende sind, dass eine oder einer der Korrigierenden eine Professorin oder ein Professor ist. Aber insgesamt haben wir das hinbekommen – und sind bei Ihnen immer auf ein offenes Ohr für unsere Probleme gestoßen, aber auch auf das Drängen auf eine schnelle Lösung, das die Absolventinnen und Absolventen zu Recht erwarten.
Lieber Herr Schnelle, Sie haben das Wort!
Prof. Dr. Dr. h.c. Andreas Paulus
Dekan