Nachruf auf Prof. Dr. Brigitta Hauser-Schäublin (1944–2025)


Am 5. Juni 2025 ist Prof. Dr. Brigitta Hauser-Schäublin im Alter von 80 Jahren verstorben. Mit ihr verliert die ethnologische Forschung eine ihrer profiliertesten, streitbarsten und engagiertesten Stimmen. Ihr wissenschaftliches Werk prägte nicht nur das Fach Ethnologie, sondern auch den Dialog zwischen Museen, Öffentlichkeit, und Gesellschaften und Kulturen, mit denen sie forschend und vermittelnd verbunden war.

Ein Leben für die Ethnologie - eine Ethnologin mit weitem Horizont

Brigitta Hauser-Schäublin wurde am 7. Juni 1944 in Basel geboren. Ihre wissenschaftliche Laufbahn führte sie über ein Studium der Ethnologie, Volkskunde und Soziologie in Basel und München tief in die Regionen Südostasiens, Melanesiens und Ozeaniens. Bereits ihre frühen Forschungen unter den Iatmul in Papua-Neuguinea (Frauen in Kararau, 1977) offenbarten ein präzises Gespür für soziale Differenz, symbolische Ordnung und die Geschlechterdimension kultureller Praxis.

Zentral war ihre langjährige Feldforschung bei den Abelam in Ostsepik, Papua-Neuguinea, aus der ihre vielbeachtete Habilitationsschrift über Kulthäuser hervorging. Sie verband hier ethnographische Forschung mit Fragen der materiellen Kultur und Architektur sowie des kulturellen Gedächtnisses.

Museen als Räume des Dialogs

Brigitta Hauser-Schäublin war nicht nur Wissenschaftlerin, sondern auch eine leidenschaftliche Mittlerin zwischen ethnologischer Forschung und Öffentlichkeit. Besonders eindrucksvoll war ihr Engagement für die museale Repräsentation von Kulturen, mit denen sie arbeitete: Das rekonstruierte Kulthaus der Abelam im Museum der Kulturen Basel wurde unter ihrer wissenschaftlichen Leitung zu einem Meilenstein partizipativer Ausstellungspraxis – umgesetzt in enger Kooperation mit Abelam-Künstlern und Handwerkern.

Auch in späteren Projekten – etwa in Indonesien und Kambodscha – verband sie Forschung mit Fragen des kulturellen Erbes, der Weltkulturerbe-Politik und der Provenienz. Ihr kritischer Blick auf museale Narrative und ihre differenzierten Beiträge zur Rückgabedebatte, etwa zu den Benin-Bronzen, machten sie zu einer gefragten Stimme in internationalen Debatten über koloniales Erbe und Gerechtigkeit.

Akademisches Wirken und internationale Ausstrahlung

Nach Stationen als wissenschaftliche Mitarbeiterin in Basel und Freiburg wurde Brigitta Hauser-Schäublin 1992 auf die C4-Professur für Ethnologie mit dem Schwerpunkt Ozeanistik an der Universität Göttingen berufen. Bis zu ihrer Emeritierung im Jahr 2009 prägte sie dort mit ihrer Lehre und Forschung ganze Generationen von Ethnologinnen und Ethnologen. Gastprofessuren führten sie unter anderem an die Columbia University (New York), das Dartmouth College, die New School for Social Research sowie die EHESS Paris – Ausdruck ihrer internationalen Strahlkraft.

Auch nach ihrer Emeritierung blieb sie wissenschaftlich aktiv, als Forschungsprofessorin (2010–2016) an der Universität Göttingen und darüber hinaus in internationalen Netzwerken zu Gender, kulturellem Eigentum und Kulturerbe.

Eine lebenslange Partnerschaft: Brigitta Hauser-Schäublin und Jörg Hauser

Eine enge, auch intellektuelle, Partnerschaft mit ihren Ehemann Jörg Hauser spielte in ihrem Leben eine wesentliche Rolle. Über Jahrzehnte hinweg begleitete er sie als Fotograf, Gestalter und aufmerksamer Begleiter auf ihren Forschungsreisen, wirkte bei ihren Ausstellungen und bei ihren Publikationen mit. Seine Bildwelten und sein gestalterisches Auge ergänzten ihre ethnologische Perspektive auf kongeniale Weise. Gemeinsam schufen sie ausdrucksstarke Werke – etwa dokumentarische Bildbände, Ausstellungsprojekte oder visuelle Essays –, in denen Forschung, Kunst und Ethik miteinander in Dialog traten. Sein stetiger Beistand, seine Sensibilität und sein gestalterischer Beitrag waren ein unverzichtbarer Bestandteil ihres Wirkens – und zeugen von einer besonderen Partnerschaft.

Wissenschaftliches Erbe und bleibende Erinnerung

Brigitta Hauser-Schäublin publizierte zu vielfältigen Themen: Ihre Schriften zur ethnologischen Frauenforschung, zur visuellen Anthropologie, zur rituellen Praxis in Südostasien, zur Reproduktionsmedizin, zur UNESCO-Kulturpolitik und zur Kulturerbe-Forschung bilden ein breites, disziplinübergreifendes Œuvre. Ihre Fähigkeit, theoretische Klarheit mit ethnographischer Dichte zu verbinden, bleibt ein Vorbild für die kulturwissenschaftliche Forschung.

Brigitta Hauser-Schäublin war eine beeindruckende Persönlichkeit: fordernd in der Sache, unermüdlich im Engagement, klar in der Sprache, weltoffen im Denken. Ihr Werk lebt weiter in den Museen, die sie geprägt hat, in den Büchern, die sie hinterlässt, bei den vielen Studierenden und Kolleg:innen, die bei ihr lernten – und nicht zuletzt in den Dialogen, die sie angestoßen hat über kulturelle Vielfalt, Gerechtigkeit und wissenschaftliche Verantwortung.

Unser Mitgefühl gilt ihrem Ehemann Jörg Hauser, ihrer Familie, ihren Kolleg:innen und Weggefährt:innen.