16/04/2014:
Die meisten Aufstocker bleiben trotz Mindestlohns bedürftig

Um eine durch Erwerbseinkommen allein gesicherte Existenz zu führen, dazu wird ein gesetzlicher Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro in vielen Fällen nicht ausreichen (siehe 19.03.2014). Wenig überraschend dürften daher Ergebnisse einer aktuellen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sein, wonach die meisten Aufstocker trotz Mindestlohns bedürftig bleiben werden. Neben hohen Lebenshaltungskosten (Mieten) spielen auch die meist geringe Wochenarbeitszeit sowie die Anrechnungsregelungen bei Hartz IV eine Rolle.

Wissenschaftler des IAB haben untersucht, wie sich die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes in Höhe von 8,50 Euro auf die Einkommenssituation der Aufstocker auswirkt und wie viele von ihnen die Bedürftigkeit dadurch überwinden können. Wie das Institut dazu in einer Pressemeldung bekannt gab, würden von den derzeit insgesamt 1,3 Millionen Aufstockern (siehe 30.01.2014) nur etwa 60.000 nicht mehr auf zusätzliche Hartz IV-Leistungen angewiesen sein.

Eine Erklärung dafür sehen die Wissenschaftler in der meist nur in Teilzeit ausgeübten Beschäftigung: Da die Aufstocker mehrheitlich weniger als 22 Stunden in der Woche arbeiteten, würden die meisten von ihnen auch nach der Einführung des Mindestlohns von 8,50 Euro weiter Hartz IV benötigen. Zwar liege der durchschnittliche Stundenlohn der Aufstocker mit rund 6,20 Euro deutlich unter dem geplanten Mindestlohn, der Einkommenszuwachs reiche aber bei den meisten Aufstockern nicht aus, um von Hartz IV unabhängig zu werden. Hinzu komme, dass der überwiegende Teil des Lohnzuwachses auf die Hartz IV-Bezüge angerechnet werde. Somit werde das verfügbare Nettoeinkommen der Aufstocker im Durchschnitt lediglich um zehn bis zwölf Euro steigen.

Für den Staat, der mit dem Aufstockermodell auf breiter Front die ausufernde Niedriglohnbeschäftigung subventioniert (siehe 16.11.2012), rechnet sich der Mindestlohn hingegen: Nach Berechnungen des IAB werde er deutliche Minderausgaben an Hartz IV und Mehreinnahmen an Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen erzielen. Bei gleichbleibender Beschäftigung würde der Mindestlohn zu einer Senkung der Transferausgaben (Hartz IV, Wohngeld, Kinderzuschlag) um 500 bis 650 Millionen Euro führen. Rechne man Mehreinnahmen bei den Sozialversicherungsbeiträgen und der Einkommenssteuer hinzu, ergäbe sich eine Entlastung der öffentlichen Haushalte zwischen knapp 2,2 und gut drei Milliarden Euro (vgl. 24.07.2013).

Quelle: IAB-Presseinformation vom 16.04.2014

Weiterlesen:
Bruckmeier, K./ Wiemers, J. (2014):). Begrenzte Reichweite: Die meisten Aufstocker bleiben trotz Mindestlohn bedürftig. IAB-Kurzbericht 07/2014, Nürnberg.