Erfahrungsbericht Groningen (2001 - 2002, A)

fahrungsbericht Euroculture 2001/2002 (Göttingen/Groningen)


by Barbara Künnemann


1. Semester in Göttingen
Das erste Semester in Göttingen ist insgesamt durch die Scheinanforderungen sowie die Vorbereitung für das Intensivprogramm geprägt. Um nicht den Überblick zu verlieren, findet einmal jede Woche das Tutorium statt, bei dem sich alle Euroculture Studierenden treffen. Im Rahmen dieses Tutoriums können alle Fragen rund um Euroculture gestellt werden. Hier bekommt man Auskunft zu den Studienanforderungen, Informationen zu den Partneruniversitäten und zu den Anforderungen des Intensivprogramms. Im Tutorium kann man aber auch sein Thema für die Masterarbeit vorstellen und diskutieren. Bei uns diente das Tutorium aber vor allem auch zur Vorbesprechung der Texte für das Kolloquium.

Im Kolloquium ist die Interdisziplinarität des Euroculture Studienganges wieder zu finden, denn hier werden Aspekte des Jahresthemas mit Dozenten der teilnehmenden Fächer diskutiert. In jeweils zwei Sitzungen diskutiert ein Dozent der Philologie, Geschichte, Theologie, Politikwissenschaften und Jura Texte und Thesen zum Oberthema aus dem Blickwinkel des jeweils vertretenen Studienfaches.

Darüber hinaus ist das Kolloquium auch eine geeignete Veranstaltung für Anregungen und Ideen für das Thema der Masterarbeit. Denn gerade im Kolloquium wird versucht, das Jahresthema relativ umfassend darzustellen und theoretische Grundlagen zu vermitteln. Des Weiteren ist das Kolloquium auch der Ort, an dem das Outline für die Masterarbeit mit allen teilnehmenden Euroculture Dozenten besprochen wird.

Um die Anforderungen des ersten Semesters zu erfüllen, müssen insgesamt drei Leistungsnachweise in drei unterschiedlichen Disziplinen erbracht werden. Dazu muss im Rahmen eines Seminars eine Hausarbeit von 20 bis 25 Seiten geschrieben werden, in einem weiteren Seminar muss ein Referat gehalten werden und zu einer dritten Veranstaltung kann man mit dem Dozenten entweder eine mündliche Prüfung vereinbaren oder auch ein Referat halten. Vom Zeitplan her empfiehlt es sich, die Hausarbeit bereits zu Beginn des Semesters zu verfassen, da man erfahrungsgemäß ab Mitte Dezember mit dem Paper für das Intensivprogramm beschäftigt ist, im Februar dann ja auch schon das Intensivprogramm stattfindet und häufig daran anschließend das Auslandssemester beginnt.

Für dieses Intensivprogramm Mitte Februar muss ein Paper von 12 bis 15 Seiten zu einem Aspekt des Jahresthemas verfasst werden. Zeitsparend ist es natürlich, wenn man hierfür ein Thema wählt, dass man vielleicht schon während eines der Seminare behandelt hat. Häufig wird auch empfohlen, in diesem Paper einen Teilaspekt seiner Masterarbeit zu behandeln. Hier kann man dann nochmals überprüfen, ob die eigene These stimmt und im Rahmen der Diskussionen während des Intensivprogramms herausfinden, ob man alle wichtigen Aspekte seiner Masterarbeit im Blick hat. Das Intensivprogramm selbst eine etwas anstrengende aber ansonsten sehr nette Angelegenheit. Am Vormittag werden Vorträge gehalten und am Nachmittag die Papiere der Euroculture Studierenden in kleinen Gruppen diskutiert. Daneben ist das Intensivprogramm eine exzellente Gelegenheit, um die anderen Euroculture Studierenden kennen zu lernen und sich schon einiges über den Studienort im zweiten Semester berichten zu lassen. Häufig sind auch die Dozenten vor Ort, mit denen man im zweiten Semester zu tun haben wird. Insgesamt bekommt man im Rahmen des Intensivprogramms schon einmal einen kleinen Vorgeschmack darauf, was einem im zweiten Semester so erwartet.

2. Semester in Groningen
Das zweite Semester in Groningen ist vor allem durch die Masterarbeit aber darüber hinaus auch durch das begleitende Seminar geprägt. In Groningen dauert das zweite Semester bis zum 15. August, so dass genügend Zeit bleibt ein volles Seminar zu veranstalten. In Groningen beschäftigt man sich im Rahmen des Euroculture Studienganges sehr stark mit kultureller Identität, so dass auch im einmal wöchentlich stattfindenden Seminar „Cultural Identity“ das Thema ist. Dazu gilt es jede Woche einen Text vorzubereiten, in dem man eine Zusammenfassung sowie einen Kommentar verfasst. Man darf sich nicht darüber wundern, dass diese Papiere im Rahmen des Seminars eingesammelt werden.

Des Weiteren muss für dieses Seminar ein „Large Research Paper“ (ähnlich einer Hausarbeit) verfasst werden, auf dessen Grundlage dann auch die Benotung für die Seminarteilnahme erfolgt. Falls sich ein Teil seiner eigenen Masterarbeit nicht gerade mit einem Aspekt der Cultural Identity beschäftigt, empfiehlt es sich nachzufragen, ob das Large Research Paper nicht auch einen Teil der eigenen Masterarbeit behandeln kann.

Insgesamt dauert das Seminar bis ca. Mitte Mai. Das Seminar ist durch das Lesen der Texte und dem Verfassen der jeweiligen Paper insbesondere zu Beginn ziemlich zeitintensiv.

Respekt, wer da noch Zeit, Lust und Laune für den Sprachkurs findet. Den sollte man vielleicht doch besser im ersten Semester in Göttingen besuchen, oder noch viel besser das Angebot des Intensivkurses im August wahrnehmen, was zudem den Vorteil hat, dass man Groningen schon mal vorab kennen lernen kann.

Was die Masterarbeit betrifft, so sollte sie sich thematisch ja generell am Jahresthema orientieren. Da man sich in Groningen aber gerne mit Cultural Identity auseinander setzt, kann ein Schwerpunkt der Masterarbeit auch kulturelle Identität sein. Für welches Thema man sich aber auch immer entscheidet, ist es insgesamt sehr empfehlenswert sich schon früh über die Masterarbeit Gedanken zu machen. Wenn man schon bei der Outlineabgabe in Göttingen das Gefühl hat, dass das Thema der Arbeit halbwegs stimmt und dieses evtl. Auch durch das Intensivprogramm bestätigt sieht, bedeutet das für das zweite Semester in Groningen, dass man sich einfach ziemlich viel Zeit und Stress mit der Themensuche spart.

Steht das Thema der Masterarbeit fest, bekommt man in Groningen zwei Betreuer zugewiesen, wobei der Erstkorrektor immer auch der Ansprechpartner und Mentor bei Fragen zur Masterarbeit ist.

Da man in Groningen Zeitpläne liebt, gibt es bestimmte Deadlines, an denen jeweilige
Kapitel der Arbeit vorliegen sollten. Des Weiteren ist zwar der 15. August endgültiger
Abgabetermin der Masterarbeit, aber eigentlich ist der 01. Juli inoffizieller Termin zur
Abgabe. Dahinter steckt die Idee, dass der Erstkorrektor die Arbeit im ganzen zu lesen bekommt und diese mit evtl. Anmerkungen zum Aufbau, Logik und Argumentation an den Studierenden zwecks Verbesserung zurück geben kann. Dieser hat dann bis zum 15. August die Möglichkeit alles zu korrigieren.

Was die oben genannten Termine betrifft, so sind diese als Orientierungshilfen zu verstehen. Letztlich zählen die Absprachen zwischen Studierendem und Betreuer, wann welcher Teil der Arbeit zum Lesen vorliegen soll.

Zum Wohnen und Leben ist Groningen schon ziemlich nett. Die Stadt hat 170.000 Einwohner und ca. 30.000 Studierende. Ähnlich wie Göttingen, ist Groningen sehr studentisch. Mit dem Fahrrad kommt man in Groningen überall gut hin, so dass es von den Entfernungen her eigentlich ziemlich egal, wo man in Groningen wohnt.

Wohnheime, die von der Universität unterhalten werden, gibt es in Groningen nicht. Aber es gibt privat geführte Wohnheime. Außerdem gibt es für Männer zahlreiche Studentenverbindungen, die allerdings in den Niederlanden einen anderen – da liberaleren - Ruf haben als die Studentenverbindungen in Deutschland. Außerdem gibt es internationale Studentenwohnheime, in denen Studierende aus unterschiedlichsten Ländern wohnen und viele Feiern stattfinden. Die typische Studenten-WG mit Gemeinschaftsküche und gemeinsamen Zeitungsabonnement ist eher seltener zu finden. Häufiger handelt es sich um Zweckgemeinschaften, bei denen man Küche und Bad teilt, aber ansonsten nicht sehr viel mehr miteinander zu tun.

Insgesamt ist in Groningen die Wohnungssituation für Studierende relativ angespannt. Es empfiehlt sich daher in jedem Fall, die Dienste des Housing Office in Anspruch zu nehmen, auch wenn hier nur zwei Wohnungsangebote herausgegeben werden, und man sich für eines der Angebote entscheiden muss.

Nicht wundern darf man sich über die Zimmer- und Wohnungspreise. Sie liegen höher als in Göttingen (zwischen 200 und 300 Euro). Leider ist der Preis nicht gleichbedeutend mit besserem Lebensstandard. Komplette Badezimmer findet man in den alten Groninger Häusern selten. Auch die Küchen müssen wohl eher als Kochgelegenheit bezeichnet werden. Eigentlich ist das ein bisschen verwunderlich, denn in Anbetracht der Tatsache, dass es in Groningen keine Mensa gibt, muss man für eine warme Mahlzeit selber kochen - oder essen gehen, wie es vielleicht dann doch viele Groninger Studierende tun.

Insgesamt sind die Lebenshaltungskosten in Groningen schon etwas höher als in Deutschland. Aber zum Glück ist Herr Aldi auch in Groningen vertreten. Und wer seine Niederländischkenntnisse ausprobieren möchte und günstig Obst, Gemüse und Fisch einkaufen will, ist auf dem Vismarkt genau richtig.

Wer übrigens (sportliche) Mode mag und gerne einkaufen geht, wird Groningen lieben.

Um sich einen ersten sehr schönen Eindruck von der Stadt zu verschaffen, empfiehlt es sich entweder auf den Turm der Martinikerk (Grote Markt) zu klettern oder dem Spaziergang "Stifte in Groningen" zu folgen. Ein Faltblatt mit der Route kann beim Tourist Office erworben werden. Spaziergehen oder auch auf der Wiese herumliegen geht übrigens sehr gut im Noorderplantsoen. Ansonsten sollte man das Groningen Museum (Emmusingel, gegenüber vom Bahnhof) gesehen haben, das über eine sehr interessante weil von Mendini inspirierte Architektur verfügt sowie das Völkerkundemuseum in der Nieuwe Kijk in 't Jatstraat, das zwar nichts Besonderes ist, aber gerade deswegen viel Spaß macht.

Daneben scheint Groningen einen ausgesprochen guten Kulturetat zu haben, denn mit Beginn des Sommers gibt es viele Wochenenden, an denen irgendetwas life und open air in der Stadt geboten wird. Es lohnt sich daher, die ausliegenden Programme und Faltblätter zu studieren.

Feiern kann man gut im Simplon (Boterdiep), hier wird freitags auch aufgelegt und im Vera (Oosterstraat), in dem es hin und wieder auch Kino (gerne Low-Budget-Filme und meistens OmU) und Konzerte gibt.

In der Oude Boteringestraat befindet sich das Café Link, das wohl eines der alternativsten und nettesten Cafés in Groningen ist. Auf jeden Fall einen Besuch wert ist auch das Café Minaar (Kleine Rozenstraat), das laut Gerücht das letzte verbliebene Kommunistencafé Groningens ist. Ansonsten befinden sich rund um den Grote Markt zahlreiche Cafés. Zum Barbara Künnemann sehen und gesehen werden eignet sich dabei ganz wunderbar das Newscafé (Nähe Grote Markt). Weiterer Garant, um von einem Café ins nächste zu fallen, ist die Poelestraat.

Wer Lust auf Pfannkuchen ergo niederländische Küche hat und trotz Tourismusfaktor aber die Gesellschaft mit Groningern sucht, ist richtig auf dem Pannekoekschip (Schuitendiep). Fantastisch indisch essen zu kleinem Preis und das in sehr "gezelliger" (d. h. in Spitzen-) Atmosphäre kann man beim kleine Moghul (Nieuwe Boteringestraat).

Und falls Groningen nervt, fährt man einfach schnell auf die Insel Schiermoonikoog, denn dort gibt es Seewind und Sandstrand, was ansonsten an der nahegelegenen Küste Groningens nicht der Fall ist, da sich hier nur Wattenmeer befindet.

Weitere Infos:
http://www.vvvgroningen.nl/_dut/dutfra.htm
http://www.groningen-info.net/DE/
http://www.angelfire.com/journal/NL/NiederlandeG.html#Groningen