In publica commoda

Presseinformation: Facebook-Profile vermitteln realistischen Eindruck

Nr. 160/2013 - 06.09.2013


Psychologen unter Beteiligung der Universität Göttingen analysieren soziale Netzwerke


(pug) Es gibt zwei weit verbreitete Meinungen über soziale Netzwerke: Zum einen wird behauptet, dass viele Menschen Facebook nutzen, um sich in einem optimalen Licht darzustellen. Zum anderen geht man davon aus, dass sich viele Facebook-Nutzer nicht darüber im Klaren sind, welchen Eindruck sie auf andere machen. Beides ist nicht der Fall: Wissenschaftler der Universitäten Münster, Mainz und Göttingen haben in aktuellen Studien ermittelt, dass persönliche Profilseiten weniger der Selbstidealisierung dienen als vielmehr die tatsächliche Persönlichkeit der Profilinhaber widerspiegeln. Facebook-Nutzer haben zudem einen genauen Eindruck davon, wie sie auf andere wirken, und sie versuchen nur bezüglich weniger Persönlichkeitsbereiche, einen bestimmten Eindruck zu hinterlassen. „Die Vermutung, dass die sozialen Netzwerke vor allem oder allein der optimalen Selbstdarstellung und Idealisierung dienen, ist falsch. Die Nutzer sind weit ehrlicher und realistischer als angenommen“, betont Dr. Juliane Stopfer von der Universität Göttingen.

Monatlich nutzen mehr als eine Milliarde Menschen weltweit Facebook, um private und berufliche Informationen auszutauschen, miteinander in Kontakt zu bleiben und um neue Freunde, Partner oder berufliche Möglichkeiten kennenzulernen. Hierbei stehen Facebook-Nutzer wie im „realen“ Leben vor einer Reihe wichtiger Entscheidungen: Mit wem tausche ich mich aus? Wen kann ich leiden? Wem vertraue ich? Wen möchte ich näher kennenlernen? Die vielfältigen auf Facebook getroffenen sozialen Entscheidungen beruhen zwangsläufig darauf, wie die Nutzer und deren soziale Partner sich online verhalten und gegenseitig beurteilen – welche Informationen sie auf Facebook-Profilen hinterlassen und zu welchen Schlüssen sie auf Basis dieser Informationen kommen. Bislang weiß man jedoch sehr wenig über diese Prozesse. Wie verhalten sich Menschen in Online-Netzwerken, und wie nehmen sie sich gegenseitig wahr? Können wir unsere Facebook-Freunde richtig einschätzen und wissen wir, welches Bild wir bei anderen hinterlassen? Wie stark verzerren Menschen ihre Persönlichkeit auf ihren Facebook-Profilen? Was macht auf Facebook beliebt, und wem wird der meiste soziale Einfluss zugeschrieben?

Die Forschergruppe analysierte zahlreiche Online-Profile – Fotos, Selbstbeschreibungen, Gruppenzugehörigkeiten und Pinnwandeinträge. Dabei fanden sie nicht nur heraus, dass Online-Profile einen genauen Eindruck von der Persönlichkeit ihrer Besitzer liefern und dass sich Profilinhaber ihrer Wirkung auf andere bewusst sind – sie konnten auch erklären, wer auf Facebook wie populär ist: Personen mit einer hohen Bescheidenheit, Gutherzigkeit und einem Fokus auf soziale Gemeinsamkeiten werden anhand ihrer Online-Profile von anderen gemocht – ebenso wie Menschen mit einer großen Offenheit für neue Erfahrungen und einer gewissen künstlerischen Ader. Selbstbewussten, extrovertierten, dominanten Personen mit einem Fokus auf dem persönlichen Vorankommen hingegen wird auf Basis ihrer Online-Profile ein höherer sozialer Status zugeschrieben.

Insgesamt sprechen die Ergebnisse dafür, dass soziale Verhaltensweisen und Wahrnehmungen auf Facebook nach ähnlichen Prinzipien funktionieren wie im „realen“ Leben. Wie bei direkten sozialen Begegnungen gibt es auch online starke Unterschiede, wie extrovertiert oder zurückhaltend, originell oder angepasst, freundlich oder motzig, organisiert oder planlos, selbstbewusst oder selbstmitleidig sich Menschen verhalten. Sie unterscheiden sich darin, wie viel und was sie über sich berichten, wie sie aussehen und welchen sozialen Gruppierungen sie sich anschließen. Diese sichtbaren Unterschiede werden durch zugrundeliegende Persönlichkeitsunterschiede der Facebook-Nutzer erklärt und werden bei sozialen Beurteilungen und den darauf aufbauenden sozialen Entscheidungen herangezogen.

Originalveröffentlichung: Juliane Stopfer et al. (2013): Being popular in online social networks: How agentic, communal, and creativity traits relate to judgements of status and liking. Journal of Research in Personality, 47, 592-598.

Kontaktadresse:
Dr. Juliane Stopfer
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Biologie und Psychologie
Georg-Elias-Müller-Institut für Psychologie
Goßlerstraße 14, 37073 Göttingen
E-Mail: jstopfer@uni-goettingen.de