Dagmar Deckstein

1. Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?
Eigentlich ganz spontan: Kurz vor dem Abitur las ich eines Nachmittags den „Stern“, die Kolumnen von „Sibylle“ alias Annliese Friedmann und beschloss, dass ich das auch können wollte. Also bewarb ich mich um ein Volontariat, das ich auch bekam – beim „Hohenloher Tagblatt“ in Crailsheim übrigens. Studiert habe ich dann danach, gezielt Sozialwissenschaften wegen ihres breiten Spektrums.


2. Wer hat Sie in Ihrem beruflichen Umfeld am stärksten unterstützt? Hatten Sie Vorbilder, die Ihren Werdegang beeinflusst haben?
Von klugen und kompetenten Kollegen in meinen jeweiligen Redaktionen habe ich mir immer Einiges abgeschaut. Frauen waren damals, in den 70er und 80er Jahren, eher rar gesät im Journalismus.


3. Wenn Sie an Ihre aktuelle Arbeit denken, können Sie positive wie auch negative Aspekte nennen?
Das Positive ist, dass ich jeden Tag dazulerne, auch nach Jahrzehnten noch. Die Themenvielfalt ist einerseits großartig, andererseits ist es auch sehr mühselig, sich immer wieder neu einarbeiten zu müssen. Vom Zeit- und Aktualitätsdruck gar nicht zu reden, der ist schon enorm gestiegen. Nicht zuletzt durch die Medienkrise und mit ihr einhergehenden Entlassungen in den Redaktionen: Weniger Redakteure müssen mehr stemmen.


4. Wie stellen Sie Ihre „Work-Life Balance“ her, also die Vereinbarkeit, bzw. den Einklang von Beruf und Privatleben?
Ich habe noch nie Probleme mit Unbalanciertheit gehabt, bei allem Stress finde ich immer auch Gelegenheit, Auszeiten zu nehmen – und sei es auch nur ein ausschließlich mit Krimi verbrachter Lesesonntag.


5. Was sind Ihre persönlichen Interessen, die vielleicht auch zu Ihrem Beruf geführt haben?
Analysieren und hinter die Dinge schauen waren schon immer meine Leidenschaft. Die kann man im Journalismus natürlich gut austoben – ähnlich wie in der Wissenschaft


6. Mit welchen Problemen hatten Sie während Ihres Karriereverlauf zu kämpfen?
Keinerlei Probleme – ich habe im Gegenteil viele Chancen bekommen und sie stets ergriffen.


7. Welche Empfehlungen haben Sie für Absolventinnen in diesem Berufsfeld?
Ein Studium ist mittlerweile Standard im Journalismus, am besten in Verbindung mit einer der namhaften Journalistenschulen. Damit gelingt der Einstieg in ein Volontariat bei einer guten Zeitung oder Zeitschrift meist besser.


8. Spielt Gleichstellungsarbeit in Ihrem Berufsfeld eine Rolle? Wie beurteilen Sie die Geschlechterverhältnisse und Ihre Rolle als Frau in Ihrem Beruf?
Im Gegensatz zur Wirtschaft oder öffentlichen Organisationen hinken Medienhäuser auch bei solchen Fragen hoffnungslos hinterher. Zwar gibt es im Journalismus mittlerweile so viel Frauen wie Männer, inzwischen strömen sogar mehr Frauen als Männer in den Beruf, aber mit den gleichen Folgen wie auch anderswo zu besichtigen: Damit schreitet die Prekarisierung des Berufs voran. Schlecht bezahlte Pauschalistenverträge statt Festanstellung, Honorare für freie Mitarbeiter statt Gehalt. Die Medienkrise hat diese Entwicklung noch beschleunigt. Und auch im Journalismus sind Führungspositionen fast ausschließlich in der Hand von Männern. Ein Chefredakteur sagte einmal dazu: Frauen wollten ja lieber schön schreiben statt ein Ressort managen. Diese Haltung ist weit verbreitet.