Presseinformation: Artenverlust zerstört Ökosysteme

Nr. 241/2017 - 28.11.2017

„Jena-Experiment“: 15 Jahre Biodiversitätsforschung mit Beteiligung der Universität Göttingen

(pug) Wie schwer wiegt der globale Artenverlust? Sind Stoffkreisläufe in einem Ökosystem mit wenig Arten verändert? Um dies zu klären, startete 2002 das „Jena-Experiment“, eins der größten Biodiversitätsexperimente weltweit. Daran beteiligt sind auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Göttingen. Das Jena-Experiment konnte aufgrund seiner Breite erstmals beweisen, dass ein Verlust der Artenvielfalt negative Konsequenzen für viele einzelne Komponenten und Prozesse in Ökosystemen hat. Ein 70-seitiger Artikel in der Fachzeitschrift Basic and Applied Ecology zieht nun eine erste Bilanz des Langzeitprojekts.

Die Göttinger Wissenschaftler beschäftigten sich in ihren Teilprojekten insbesondere mit Bodenorganismen und Bestäubern. Sie analysierten vor allem Wechselbeziehungen zwischen dem oberirdischen und unterirdischen System genauer. Es zeigte sich, dass mit zunehmender Diversität von Pflanzen die Biomasse von Mikroorganismen im Boden zunimmt und dies wiederum die Zunahme von Kohlenstoff im Boden steuert. Zudem konnten sie nachweisen, dass Zersetzerorganismen im Boden den Ernteertrag steigern, und dass mit der Zunahme von Pflanzenarten die zeitliche Stabilität und die Spezialisierung der Blütenbesuche steigt. Insgesamt weisen die Untersuchungen daraufhin, dass ein Verlust von Diversität von Pflanzen mit einem Verlust von Funktionen und Serviceleistungen von Ökosystemen einhergeht und hierfür sowohl Tiere oberhalb als auch unterhalb der Erde eine wesentliche Rolle spielen.

Im Rahmen des Jena-Experiments führten die interdisziplinär aufgestellten Arbeitsgruppen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden insgesamt rund 80.000 Messungen durch. Auf mehr als 500 Versuchsparzellen säten sie unterschiedlich viele Pflanzenarten an, von Monokulturen bis zu Mischungen von 60 Arten. Neben Pflanzen untersuchten sie auch alle anderen im Ökosystem vorkommenden Organismen – im und oberhalb des Bodens. Darüber hinaus analysierten Bodenkundler über die gesamten 15 Jahre die Stoffkreisläufe von Kohlenstoff, Stickstoff, Nitrat und Wasser. Da der Einfluss von Biodiversität erst verzögert sichtbar wird, ließen sich manche Effekte erst nach vier oder fünf Jahren beobachten – und die Auswirkungen wurden im Laufe des Experiments über die Zeit stärker. Weitere Informationen sind im Internet unter www.the-jena-experiment.de zu finden.

Originalveröffentlichung: W. Weisser et al. Biodiversity effects on ecosystem functioning in a 15-year grassland experiment: patterns, mechanisms, and open questions. Basic and Applied Ecology 2017. Doi: 10.1016/j.baae.2017.06.002.

Kontakt:
Prof. Dr. Stefan Scheu
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Biologie und Psychologie
Abteilung Tierökologie
Telefon (0551) 39-25445
E-Mail: sscheu@gwdg.de
Internet: www.uni-goettingen.de/de/107728.html

Prof. Dr. Teja Tscharntke
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Agrarwissenschaften
Abteilung Agrarökologie
Telefon (0551) 39-9209
E-Mail: ttschar@gwdg.de
Internet: www.uni-goettingen.de/de/92552.html