20/01/2012: Wie viele Geringverdiener können der Niedriglohnfalle entkommen?
Kann Niedriglohnbeschäftigung als Sprungbrett für den Aufstieg in eine besser bezahlte Beschäftigung fungieren? Die Frage wird in der Arbeitsmarktforschung kontrovers diskutiert, auch wenn die Sprungbrettfunktion überwiegend in Frage gestellt wird und viele Forscher/innen eher von der Existenz einer „Niedriglohnfalle“ (dauerhafter Verbleib im Niedriglohnsektor) sprechen (siehe z.B. 15.09.2011 und 01.02.2011). Eine neue Untersuchung von Jens Stephani, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), präsentiert zusätzliche Befunde und spricht von einem „signifikanten Ausmaß“ von Aufwärts- und Abwärtsmobilität im Niedriglohnsektor.
Nachdem Stephani als Mitautor einer Studie aus dem Jahr 2010 noch feststellte, dass es nur sehr wenigen Geringverdienern gelingt, den Niedriglohnsektor zugunsten höher entlohnter Tätigkeiten zu verlassen (siehe 19.08.2010), kommt er in seiner aktuellen Untersuchung zum Reallohnwachstum und zu den Karrieremustern von vollzeitbeschäftigten Geringverdienern zwischen 2001 und 2006 auch zu positiveren Ergebnissen. So hat der Autor die damaligen Befunde zunächst bestätigt gefunden, wenn er feststellt, dass nur 15 Prozent aller in Vollzeit Niedriglohnbeschäftigten innerhalb von drei Jahren in eine höher bezahlte Tätigkeit wechseln konnten. Die Untersuchung der Karriereverläufe zeige für diese 15 Prozent allerdings Positives: mehr als 60 Prozent jener Geringverdiener, die bis 2004 aus dem Niedriglohnsektor aufgestiegen sind, befand sich zwei Jahre später immer noch in höher bezahlter Beschäftigung. Stephani schlussfolgert, dass die Aufwärtsmobilität von Geringverdienern daher nicht als temporäres Phänomen zu betrachten ist.
Quelle: Publikationshinweis des IAB
Weiterlesen: Stephani, J. (2012): Wage growth and career patterns of German low-wage workers. IAB Discussion Paper 01/2012, Nürnberg.