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Presseinformation: Sicher auf dem Weg in die Tumorzelle

Nr. 134 - 13.10.2020

Chemiker der Universität Göttingen entwickeln Medikament für Antikörper-Tumortherapie


(pug) Chemikerinnen und Chemiker der Universität Göttingen haben ein neues Medikament für die Antikörper-Tumortherapie entwickelt. Dem Forschungsteam gelang es, das Naturprodukt Duocarmycin so zu verändern, dass es seine Wirkung erst bei Ankunft in der Tumorzelle entfaltet und auf dem Weg dorthin durch den menschlichen Körper nur wenig giftig wirkt. Über die kommerzielle Nutzung des Wirkstoffs und Verfahrens hat die Universität nun einen Lizenzvertrag mit dem Biotechnologie-Unternehmen Iksuda Therapeutics abgeschlossen.

 

Antikörper-Tumortherapien haben Patientinnen und Patienten mit Krebs, Autoimmunerkrankungen und anderen schweren Erkrankungen große therapeutische Vorteile gebracht. Vielen Antikörpern fehlt jedoch eine ausreichende eigene Anti-Tumor-Aktivität: Diese muss durch den Einsatz sogenannter Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADC) – im Prinzip eine Kombination mit der klassischen Chemotherapie – verstärkt werden. Die ADC-Konjugate sollen allerdings ihre giftige Wirkung erst in der Tumorzelle selbst entfalten; die Vorstufen, genannt Prodrugs, sollen auf dem Weg dorthin durch den menschlichen Körper möglichst wenig Giftstoffe freisetzen.

 

Einem Forschungsteam am Institut für Organische und Biomolekulare Chemie der Universität Göttingen ist es nun gelungen, das Naturprodukt Duocarmycin durch Kombination mit einem Zuckermolekül gezielt so zu verändern, dass die daraus hergestellten Prodrugs fast eine Million Mal weniger toxisch sind als das Medikament selbst, das erst in der Krebszelle durch ein intrinsisches Enzym aus den Prodrugs gebildet wird. „Dieses neu entwickelte Medikament gehört zu den giftigsten künstlich hergestellten Verbindungen“, erklärt der Leiter der Forschungsgruppe, Prof. Dr. Lutz Tietze. „Es konkurriert mit den stärksten Giftstoffen aus der Natur, kann aber durch die Zugabe eines Zuckermoleküls in ein nahezu ungiftiges Produkt umgewandelt werden.“ Dr. David Simpson, CEO von Iksuda Therapeutics, ergänzt: „Die hohe Toxizität der Verbindungen innerhalb der Krebszelle ist der Schlüssel für ein erfolgreiches neues Antikörper-Wirkstoff-Konjugat.“

 

Der Lizenzvertrag zwischen Universität und Iksuda Therapeutics wurde von der MBM Science Bridge GmbH vermittelt, einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der Georg-August-Universität Göttingen Stiftung Öffentlichen Rechts. Die Patentverwertungsagentur agiert für insgesamt neun niedersächsische Hochschulen und wissenschaftliche Einrichtungen: Sie prüft wissenschaftliche Erfindungen auf die Möglichkeit einer Patentanmeldung und auf wirtschaftliches Potenzial. Anschließend kümmert sie sich um die weltweite Vermarktung sowie die Verhandlung, Betreuung und Überwachung von Lizenzverträgen. Das aktuelle Portfolio enthält Projekte aus der Biomedizin, Medizintechnik, Messtechnik, Chemie, Physik und den Forst- sowie Agrarwissenschaften.

 

Kontakt:

Prof. Dr. Lutz Tietze

Georg-August-Universität Göttingen

Fakultät für Chemie

Institut für Organische und Biomolekulare Chemie

Tammannstraße 2, 37077 Göttingen

Telefon (0551) 39-33271

E-Mail: ltietze@gwdg.de 

Internet: www.uni-goettingen.de/de/18917.html