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Presseinformation: Warme Meere in der Frühzeit der Erde?

Nr. 80 - 31.05.2021

Forscher der Universitäten Göttingen, Köln und Århus errechnen Wassertemperaturen der ersten Ozeane


(pug) Seit Jahrzehnten wird kontrovers über die Wassertemperaturen der ersten Ozeane auf der Erde diskutiert. Aufgrund der damals schwächeren Sonneneinstrahlung könnten die Ozeane sehr kalt gewesen sein, vielleicht sogar gefroren. Auf der anderen Seite könnte ein extremer Treibhauseffekt durch die damals sehr dichte CO2-Atmosphäre zu Meerestemperaturen um die 70 Grad Celsius geführt haben. Drei Wissenschaftler der Universitäten Köln, Göttingen und Århus haben nun die Entwicklung unserer Atmosphäre mit der Entwicklung der Gesteinskruste und der Meerwassertemperaturen zusammengeführt. Sie haben Temperaturen von etwa 40 Grad Celsius in der Frühzeit der Erde errechnet. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences erschienen.

 

„Die Atmosphären von Erde und ihrem Schwesterplaneten Venus haben sich im Laufe der letzten 4,6 Milliarden Jahre in sehr unterschiedliche Richtungen entwickelt“, sagt der Isotopengeologe Prof. Dr. Andreas Pack von der Universität Göttingen. „Unser Schwesterplanet Venus hat noch heute eine sehr dichte Atmosphäre aus CO2. Dort am Boden herrscht ein extremer Druck von 90 bar. Im Vergleich dazu hat die Erde heute eine Atmosphäre von 1 bar, aber CO2 ist nur als Spurengas enthalten – kommt also in der Luft nur in sehr geringen Anteilen vor. Wo ist das ganze CO2 geblieben?“

 

Im Göttinger Isotopenlabor wurde die Zusammensetzung der Isotope von Gesteinen aus der Frühzeit der Erde untersucht. Ein Ergebnis ihrer neuen Berechnungen der globalen Stoffflüsse ist, dass die Temperatur vor 3,5 Milliarden Jahren mit rund 40 Grad Celsius zum einen nicht so extrem heiß war wie früher angenommen, zum anderen aber doch deutlich wärmer als heute. Diese Umweltbedingungen sind bei der damals schwächeren Sonneneinstrahlung nur dann zu erreichen, wenn noch sehr viel CO2 in der frühen Erdatmosphäre vorhanden war.

 

Der Geochemiker Dr. Daniel Herwartz von der Universität Köln, der die Studie geleitet hat, erläutert: „Auch die Erde hatte ursprünglich eine solch extrem CO2-reiche Atmosphäre wie die Venus. Als dann vor 4,4 Milliarden Jahren die ersten Ozeane auf der Erde entstanden, löste sich ein Großteil des atmosphärischen CO2 im Wasser. Im Gegensatz zur Erde hat die Venus keine Ozeane, weswegen das CO2 dort immer noch in der Atmosphäre ist. Dieses saure Meerwasser hat in der Frühzeit der Erde zu viel intensiverer Verwitterung der Gesteine der Erdkruste geführt als wie wir sie heute beobachten. Bei der Verwitterung wurden riesige Mengen von Kohlendioxid in Karbonatgestein langfristig gebunden und so der Atmosphäre entzogen.“

 

„Allerdings gab es vor drei Milliarden Jahren keine, oder nur sehr kleine Kontinente, sodass das in den Gesteinen gebundene CO2 im Gesteinskreislauf wieder in die Atmosphäre abgegeben wurde“, ergänzt Co-Autor Prof. Dr. Thorsten Nagel von der Universität in Århus. „Danach entstanden dann die ersten größeren und stabilen Kontinente. Der in den Gesteinen der Kontinente gespeicherte Kohlenstoff verbleibt dort und ist somit langfristig der Atmosphäre und den Meeren entzogen. Dadurch wurde es auf der Erde deutlich kälter, was durch das Auftreten der ersten Eiszeiten vor 2,9 Milliarden Jahren dokumentiert ist.“

 

Die Venus hat durch das Fehlen von stabilen Ozeanen praktisch ihre ursprüngliche, dichte CO2-Atmosphäre erhalten. Die Erde hat ihren ganz eigenen Weg der atmosphärischen Entwicklung eingeschlagen. „Unsere Zusammenarbeit hat gezeigt, dass die Entwicklung der Atmosphäre, der Gesteinskruste und der Meere immer als Ganzes betrachtet werden muss, und die Systeme sich auf langen geologischen Zeitskalen gegenseitig beeinflussen“, fügt Herwartz hinzu.

 

Originalveröffentlichung: D. Herwartz, T. Nagel, A. Pack (2021) A CO2 greenhouse efficiently warmed the early Earth and decreased seawater 18O/16O before the onset of plate tectonics. Proceedings of the National Academy of Sciences. DoI: 10.1073/pnas.2023617118  

 

Kontakt:

Prof. Dr. Andreas Pack

Georg-August-Universität Göttingen

Geowissenschaftliches Zentrum

Goldschmidtstraße 3, 37077 Göttingen

Telefon: 0175 2981638

E-Mail: apack@uni-goettingen.de

 

Dr. Daniel Herwartz

Universität Köln

Institut für Geologie und Mineralogie

Zülpicher Straße 49a, 50674 Köln

Telefon: 0221 470-3240

Email: d.herwartz@uni-koeln.de