In publica commoda

Presseinformation: James Franck – ein Forscher mit Prinzipien

Nr. 140 - 15.09.2021

Universität Göttingen erinnert an richtungsweisende Berufung vor 100 Jahren


(pug) Am 17. September 1737 wurde die Universität Göttingen feierlich eingeweiht. Anlass, einen Blick auf ihre Geschichte zu werfen und an besondere Ereignisse zu erinnern – in diesem Jahr an die Berufung des Naturwissenschaftlers James Franck, der im Sommersemester 1921 seine Professur antrat.

 

„Die Hausbatterie instandsetzen, Öfen beschaffen und Sitze im kleinen Hörsaal reparieren“, das waren nach Dr. Holger Berwinkel Anliegen, die James Franck in seinen Berufungsverhandlungen kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs verfolgte. Für den Leiter des Göttinger Universitätsarchivs war dies charakteristisch: Franck gehörte nicht nur aufgrund seiner Forschung, sondern auch durch seine Haltung zu den bedeutendsten Naturwissenschaftlern des 20. Jahrhunderts. 1882 in Hamburg geboren, hatte er sich zusammen mit Gustav Hertz einen Namen mit der experimentellen Bestätigung der Quantelung des Energieaustauschs zwischen Elementarteilchen gemacht. 1925 sollte er dafür den Nobelpreis erhalten. Seine Berufung nach Göttingen verdankte er einem Studienfreund, dem theoretischen Physiker Max Born. Dieser hatte den Ruf bereits erhalten und wollte Franck als Experimentalphysiker an seiner Seite wissen.

 

„Die Doppelberufung von Franck und Born markiert den Beginn eines legendären Zeitalters der Göttinger Physik,“ so Berwinkel. Sie begründete die Quantenmechanik und schuf eine besondere Atmosphäre am Campus der Physikalischen Institute in der Bunsenstraße. Es wehte ein familiärer und kosmopolitischer Geist, der es Studierenden und Graduierten aus vielen Ländern und unterschiedlichen Geschlechts erlaubte, sich wissenschaftlich zu entfalten. Göttingen wurde weltweit zum Synonym für moderne Physik. Franck wird in den Quellen des Universitätsarchivs als ausgesprochen methodischer Arbeiter beschrieben, der seine Untersuchungen aus einfachen und klaren Prinzipien aufbaute. Auf diese Weise entstanden in der Göttinger Zeit grundlegende Arbeiten zur Atomphysik.

 

1933 liquidierten die Nationalsozialisten das Göttinger „Nobelpreiswunder“, indem sie Born und andere jüdische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vertrieben. Obwohl selbst jüdischer Herkunft, hätte Franck als Kriegsveteran bleiben können. Er schrieb jedoch im April 1933 an den Rektor: „Ich lehne es ab, von dieser Vergünstigung Gebrauch zu machen … Unter den heutigen Umständen Staatsbeamter zu bleiben, verbietet mir eine innere Notwendigkeit.“ Unterstützung dafür fand er an der weitgehend freiwillig gleichgeschalteten Universität nicht.

 

Franck emigrierte und fand eine zweite akademische Heimat in den USA. Trotz allem erfahrenen Unrecht blieb er – so zeigen es die erhaltenen Briefe – der Georgia Augusta und Göttingen liebevoll verbunden. Hier ist er 1964 während eines Besuchs auch gestorben. „Ich hoffe, dass Schulen und Universitaeten jedem jungen Deutschen dazu helfen werden, das Gefuehl der eigenen Verantwortung erstarken zu lassen“, schrieb er im Rückblick auf die NS-Zeit 1957. Die Erinnerung an diesen couragierten Forscher trägt dazu bei.

 

Kontakt:

Dr. Holger Berwinkel

Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen

Universitätsarchiv

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