12/04/2013:
Auch in Südafrika hatten Mindestlöhne keine negativen Beschäftigungseffekte
Um die Einführung einer allgemein verbindlichen Lohnuntergrenze wird in Deutschland immer noch gestritten – wohl auch deshalb, weil neoklassische Hardliner unter den Ökonomen weiterhin apodiktisch behaupten, dass Mindestlöhne Arbeitsplätze vernichten würden. Damit gehören sie nicht mal zum "lunatic fringe" ihrer Zunft, denn sie verbreiten ihr neoliberales Mantra an prominenter Stelle, etwa wenn sie als sog. Wirtschaftsweise die Bundesregierung beraten. Für ihre politisch motivierten Aussagen entgleitet ihnen jedoch zunehmend die wissenschaftliche Fundierung, denn die allzu einfache neoklassische Schlussfolgerung, dass Mindestlöhne theoretisch zwingend zu Jobverlusten führen, hielt den Forschungsbefunden der letzten Jahre regelmäßig nicht stand.
Während die Mindestlohnforschung in den USA bereits seit den 1990er Jahren mehr und mehr Studien hervorgebracht hatte, in denen die erwarteten negativen Beschäftigungseffekte von Mindestlöhnen empirisch widerlegt worden sind (siehe 01.12.2010 und 18.02.2013), wird der behauptete Wirkungszusammenhang in Deutschland erst seit wenigen Jahren nicht nur zunehmend angezweifelt (siehe z. B. 07.04.2011), sondern auch regelmäßig widerlegt. Zuletzt hatten selbst acht vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in Auftrag gegebene Branchenanalysen ergeben, dass von den dort bestehenden gesetzlichen Mindestlöhnen keine negativen Auswirkungen ausgehen. Weder ließ sich nachweisen, dass sie Arbeitsplätze vernichten, noch dass sie den Wettbewerb verzerren (siehe 18.11.2011 und 22.11.2012).
Ein weiterer Beleg kommt nun aus Südafrika. In einem Beitrag für das IZA Journal of Labor & Development haben die Ökonomen Haroon Bhorat, Ravi Kanbur und Natasha Mayet die Auswirkung von Mindestlöhnen in fünf verschiedenen Niedriglohnbranchen Südafrikas untersucht. Dazu haben sie für den Zeitraum von 2000 bis 2007 mittels eines quasi-experimentellen Ansatzes den Effekt einzuschätzen versucht, der von den Branchenmindestlöhnen auf Beschäftigung, Löhne und Arbeitszeiten ausgegangen ist.
Wie ihre Analyse ergab, ließ sich in Hinblick auf die Beschäftigungseffekte kein eindeutiger Beleg dafür finden, dass die Einführung von Mindestlöhnen in den fünf Branchen (Einzelhandel, Sicherheitswesen, Forstwirtschaft Taxibeförderung und Haushaltsdienste) einen signifikanten Einfluss auf die Beschäftigung hatte. In Bezug auf die Lohnentwicklung gibt es dagegen einige Anhaltspunkte, die auf einen deutlichen Anstieg der Monatslöhne in allen Branchen hindeuten.
Hinsichtlich der Arbeitszeiten zeigte sich, dass es in Branchen wie dem Einzelhandel oder der Sicherheitsbranche, in denen nach Einführung von Mindestlöhnen die Beschäftigtenzahlen weiter gestiegen sind, zu einem Rückgang der wöchentlich geleisteten Arbeitsstunden gekommen ist. Die Autor/innen vermuten darin eine Anpassungsreaktion der Unternehmen an die gestiegenen Löhne.
Quelle: Bhorat, H. u.a. (2013): The impact of sectoral minimum wage laws on employment, wages, and hours of work in South Africa. In: IZA Journal of Labor & Development, 2:1.