18/02/2013:
Moderate Anhebung von Mindestlöhnen gefährdet Beschäftigung nicht
Der Ökonom John Schmitt vom Washingtoner „Center for Economic and Policy Research” hat die Forschungsergebnisse empirischer Studien in den USA zu den Beschäftigungseffekten von Mindestlöhnen analysiert. Seine Suche nach den besten Schätzungen zur Beschäftigungswirkung von Mindestlohnsteigerungen für Niedriglohnbeschäftigte der vergangenen zwölf Jahre führte ihn zu der Schlussfolgerung, dass von einer moderaten Anhebung von Mindestlöhnen für Geringverdiener keine erkennbaren Auswirkungen auf deren Beschäftigungschancen ausgehen – auch, weil Unternehmen viele Möglichkeiten haben, die gestiegenen Personalkosten anders als durch Entlassungen zu kompensieren.
Schmitt hat sich die Befunde der Studien aus den Jahren 2000 bis 2012 angeschaut und dabei einige wichtige neuere Studien aus den Jahren 2010 bis 2012 näher untersucht. Zudem hat er unterschiedliche Möglichkeiten von Anpassungsreaktionen auf Seiten der betroffenen Unternehmen durchgespielt, um zu erklären, warum die gemessenen Beschäftigungseffekte durchgängig so gering geblieben sind.
Den wichtigsten Grund für das Nichteintreten negativer Beschäftigungseffekte sieht Schmitt darin, dass die von Mindestlohnerhöhungen ausgelösten Kostensteigerungen im Beschäftigungssegment der Geringverdiener im Verhältnis zu den Gesamtkosten eines Unternehmens sehr gering ausfallen. Darüber hinaus stehen Unternehmen eine Reihe von Anpassungsmöglichkeiten zur Verfügung. Sie reichen von den Möglichkeiten, Lohnzusatzleistungen oder die Gehälter hochbezahlter Fachkräfte zu kürzen, über die Möglichkeit die Kostensteigerungen durch einen Erhöhung der Produktivität zu kompensieren oder sie in Form von Preiserhöhungen weiterzureichen, bis hin zu der Möglichkeit, eine Schmälerung der Gewinnspanne durch höhere Mindestlöhne einfach hinzunehmen. Die nach Ansicht Schmitts wichtigste Anpassungsreaktion besteht allerdings darin, die Arbeitskosten durch eine Verringerung der Personalfluktuation zu senken.
Während sich in den USA die Erkenntnis, dass durch Mindestlöhne keine Jobs gefährdet werden, bereits auf breiter Front durchgesetzt hat (siehe 01.12.2010), so kann für Deutschland zumindest festgestellt werden, dass die einfache Formel der neoklassischen Wirtschaftstheorie, wonach Mindestlöhne theoretisch zwingend zu Jobverlusten führen, mehr und mehr angezweifelt (siehe z.B. 07.04.2011) und auch regelmäßig widerlegt wird. Zuletzt hatten selbst die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in Auftrag gegebenen acht Branchenanalysen ergeben, dass von den dort bestehenden gesetzlichen Mindestlöhnen keine negativen Auswirkungen ausgehen (siehe 18.11.2011 und 22.11.2012).
Quelle: Schmitt, J. (2013): Why Does the Minimum Wage Have No Discernible Effect on Employment? Center for Economic and Policy Research, Feb. 2013, Washington.