In publica commoda

Presseinformation: Planet Erde tiefgekühlt

Nr. 78/2015 - 10.04.2015

Neue Studie bestätigt Episoden mit extrem kaltem Klima – Gletscher bis an den Äquator

(pug) Unser Planet könnte im Laufe seiner Geschichte mehrmals vollständig von einer Eisschicht bedeckt gewesen sein, so eine Hypothese von Geologen. Aus der Distanz hätte die Erde dann wie ein riesiger Schneeball ausgesehen. Eine neue Studie der Universität Göttingen bestätigt nun extrem kaltes Klima in den sogenannten Schneeball-Erde-Episoden vor Millionen und Milliarden Jahren. Gletscher sind demnach bis an den Äquator vorgedrungen. Der Geologe Dr. Daniel Herwartz hat die Zusammensetzung von Sauerstoffisotopen tropischer und subtropischer Gletscher rekonstruiert. „Die Isotope geben Aufschluss über die klimatischen Bedingungen einer vollkommen vereisten Erde“, sagt Dr. Herwartz, der die Studie an der Universität Göttingen geleitet hat und jetzt an der Universität zu Köln arbeitet. Die Ergebnisse erscheinen am 13. April 2015 in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA (PNAS).

Die untersuchten Gesteine aus dem Nordwesten Russlands und aus China lagen vor 2,4 Milliarden und 700 Millionen Jahren nahe des Äquators und müssen dort mit Schmelzwasser von (sub)tropischen Gletschern interagiert haben. Die isotopische Klimainformation wurde vom Wasser auf die Gesteine übertragen und konnte so hunderte Millionen Jahre überdauern.

Die Sauerstoffisotopenzusammensetzung der 2,4 Milliarden Jahre alten (sub)tropischen Gletscher deutet auf Klimabedingungen hin, wie wir sie heute nur am kältesten Orten der Erde finden: in der Antarktis mit mittleren Jahrestemperaturen von minus 40 Grad Celsius. „Es scheint verrückt, sich Regionen wie Florida oder Ägypten bei minus 40 Grad Celsius mittlerer Jahrestemperatur vorzustellen, aber die Daten sprechen für solch extreme Klimabedingungen in niederen Breiten“, sagt Dr. Herwartz. Die 700 Millionen Jahre alten Gesteine aus China deuten auf Klimabedingungen hin wie sie heute im Süden Grönlands herrschen – also wesentlich wärmer als die 2,4 Milliarden Jahre alten Proben aus Russland. Die Rekonstruktion des Gletscherwassers gelang den Wissenschaftlern dank einer hochpräzisen Analyse des seltenen 17O-Isotops.

Die Schneeball-Erde-Hypothese besagt, dass die gesamte Erde gefroren war und die Ozeane unter einer hunderte Meter mächtigen Schicht aus Meereis lagen. Niedrige CO2-Konzentrationen führen zu wachsenden Eisschilden, die das Sonnenlicht reflektieren und die Erde weiter abkühlen. Erreichen die Gletscher eine kritische Grenze ist die Reflektion der Sonneneinstrahlung so stark, dass die Erde schließlich komplett einfriert. Ein starker Anstieg vom Treibhausgas CO2 durch fortwährende vulkanische Aktivität ist dann notwendig, um die Erde aus ihrem gefrorenen Zustand zu befreien. „Eine Schneeball-Erde ist eine kritische Zeit. Leben ist auf einem gefrorenen Planeten nur in kleinen Rückzugsgebieten möglich, dafür scheint es nach dem Auftauen geradezu zu explodieren“, sagt Prof. Dr. Andreas Pack vom Geowissenschaftlichen Zentrum der Universität Göttingen, der an der Studie beteiligt war.

Originalveröffentlichung:
Herwartz D., Pack A., Xiao Y., Muhlenbachs K., Sengupta S. and Di Rocco T.(2015): Revealing the climate of snowball Earth from Δ17O systematics of hydrothermal rocks. Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA. Doi: 10.1073/pnas.1422887112


Kontakt:
Dr. Daniel Herwartz
Universität zu Köln
Institut für Geologie und Mineralogie, Abteilung Umweltisotopengeologie
Telefon 0221 4703240
E-Mail: d.herwartz@uni-koeln.de