Veranstaltung
Revival der Berufsverbote? Aktuelle Angriffe auf gesellschaftskritische Perspektiven
Titel der Veranstaltung | Revival der Berufsverbote? Aktuelle Angriffe auf gesellschaftskritische Perspektiven |
Reihe | Wissenschaft in der autoritären Wende: Gespräche zu globalen Konflikten, Militarisierung und dem Recht auf Dissens |
Veranstalter | Instituts- und Fakultätsübergreifende Arbeitsgruppe - siehe pdf |
Referent/in | Luca Schäfer and Benjamin Ruß |
Kategorie | Campus Leben |
Anmeldung erforderlich | Nein |
Beschreibung | Dass Menschen aufgrund ihrer politischen Haltung von der Ausübung ihrer Berufe abgehalten werden, hat eine lange Tradition in Deutschland. Mit dem von SPD und FDP verabschiedeten “Radikalenerlass” wurde 1972 die standardmäßige Überprüfung von Beschäftigten und Bewerber*innen für den öffentlichen Dienst auf ihre Verfassungstreue hin eingeführt. Auf Grundlage des Gesetzes kam es zu zahlreichen Berufsverboten für etwa Lehrer*innen, Universitätsbeschäftigte, Briefträger*innen und Lokführer*innen. Betroffen waren in der überwiegenden Mehrheit solche, die eine andere Organisation von Arbeit und Gesellschaft für möglich hielten: Sozialist*innen, Gewerkschafter*innen, Kommunist*innen und andere Linke. Bis heute wurden die Opfer dieser staatlichen Repressionen nicht rehabilitiert oder entschädigt. Aktuell scheinen die staatlichen Angriffe auf gesellschaftskritische Perspektiven und vermeintliche politische Gegner wieder zuzunehmen. An Berliner Universitäten wird über die Wiedereinführung des Ordnungsrechts diskutiert, was nicht nur die politische Meinungsbildung und -äußerung von Studierenden beschneidet, sondern mit der Möglichkeit des Ausschlusses von Lehrformaten oder der Exmatrikulation auch das Ausbildungsgrundrecht betrifft. Wissenschaftler*innen und Künstler*innen sollen - wenn es nach einer von CDU, SPD, Grünen und FDP geplanten Resolution geht - Fördermittel nur nach verfassungsrechtlicher Überprüfung erhalten. In mehreren Bundesländern wird über eine Rückkehr zur Regelanfrage beim Verfassungsschutz diskutiert oder diese bereits umgesetzt. Wie in den 1970er Jahren, wird das Revival der Regelabfragen gewohnt “antiextremistisch” begründet. So sollen die Verschärfungen ein Instrumentarium darstellen, um “Extremisten jeglicher Couleur” und “Verfassungsfeinde” vom Staatsdienst fernzuhalten. Wer und was aber als verfassungsfeindlich gilt und auch entsprechend behandelt wird, wird in der Begründung der TU München zur Nicht-Einstellung von Benjamin Ruß deutlich: Dass er von einer Klassengesellschaft spricht und Erzwingungsstreiks als legitimes Arbeitskampfmittel bezeichnet, macht ihn zum staatlich zertifizierten Verfassungsfeind und damit “nicht einstellungsfähig”. Gleichzeitig kann AfD-Gründer Bernd Lucke weiterhin an der Uni Hamburg lehren und auch der Thüringer AfD-Landeschef und Geschichtslehrer Björn Höcke ist in Hessen nicht dem Beamtenverhältnis enthoben, während das gleiche Kultusministerium Luca S. wegen eines mutmaßlichen Angriffs auf einen Polizisten bei einer 1. Mai Demonstration den Antritt zum Referendariat verweigert. Für unsere Veranstaltung werden unsere Gäste Benjamin und Luca, zwei gewerkschaftlich aktive Kollegen, die von Berufsverboten betroffen sind, von ihren Fällen berichten. Darüber hinaus wollen wir die zwei Fälle in den Kontext wachsender staatlicher Angriffe auf gesellschaftskritische und linke Positionen stellen. Welche gesellschaftlichen Entwicklungen führen dazu, dass dem Verfassungsschutz immer mehr Macht eingeräumt wird, darüber zu entscheiden, wer lehren oder forschen darf? Wie wirken sich diese Entwicklungen auf unsere politischen Freiheiten im Betrieb und in der Universität aus? Mit Unterstützung von der Roten Hilfe Göttingen Alle Veranstaltungen finden auf deutsch mit englischer Übersetzung statt. |
Zeit | Beginn: 05.12.2024, 19:00 Uhr Ende: 05.12.2024 , 21:00 Uhr |
Ort |
Zentrales Hörsaalgebäude (Platz der Göttinger Sieben 5) 001 |
Kontakt |
Thomas Herzmark thomas.herzmark@uni-goettingen.de |
Dateianhang | Academia in the Authoritarian Turn.pdf |