Temporäre Tattoos mit "Inkster"

BWL-Absolventen auf dem Sprung in die Selbstständigkeit


"Ein Tattoo? Ich könnte mir vorstellen, das einmal auszuprobieren, aber mir gleich eines stechen lassen möchte ich nicht." Wem diese Gedanken nicht neu sind, dem können vielleicht bald die beiden Gründer von "Inkster" weiterhelfen. Ihre Geschäftsidee ist dieses Jahr beim Gründungswettbewerb "Lift-Off" der Universität Göttingen mit dem 2. Platz sowie dem Publikumspreis jeweils in der Kategorie Gründungspotenzial ausgezeichnet worden.

Wir haben mit den beiden Jung-Unternehmern Melvyn Wittwer und Michael Noack gesprochen. Beide haben an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät Betriebswirtschaftslehre studiert und ihr Bachelorstudium kürzlich abgeschlossen.

Was ist "Inkster"?
"Inkster" arbeitet an innovativen "Patches", welche es Kund*innen ermöglichen, echt aussehende, temporäre Tattoos auf die Haut aufzutragen, die zwei Wochen halten. Die auf einem Fruchtextrakt basierende Farbe zieht aus dem Patch in die erste Hautschicht (Epidermis) ein und verblasst mit der natürlichen Erneuerung der ersten Hautschicht. Herkömmliche temporäre Tattoos, sogenannte „Stick-ons“, kleben dagegen auf der Haut und ziehen nicht in die Haut ein. Sie halten ein bis drei Tage. Kund*innen wird damit die Möglichkeit gegeben, Tattoo-Kunst zu entdecken, jedoch ohne schlechtes Gewissen, gesundheitliche Risiken, hohe finanzielle Investition, Mindestalter und lebenslange Verpflichtung - "Inkster" ermöglicht somit das Probetragen eines Tattoos.

Nachdem die erste Phase (Entwicklung des Prototypen und Markttests) des Projektes von der NBank gefördert und erfolgreich abgeschlossen wurde, soll der Markteintritt durch das EXIST-Gründerstipendium finanziert werden. Das Produkt wird derzeit zur Marktreife weiterentwickelt und anschließend zertifiziert. Die Gründung ist für August und der Launch für Oktober geplant.


Wie sind Sie auf die Idee gekommen, sich bereits während des Studiums selbstständig zu machen? Wie kam es zur Idee für "Inkster"?
Wir lernten uns im Studium an der Georg-August-Universität kennen. Schon während des Studiums wählten wir beide Kurse rund um das Thema Gründung. Unter anderem um mehr über Entrepreneurship und Marketing zu lernen, sind wir im August 2018 gemeinsam für ein Semester an die San Diego State University in Kalifornien gegangen.

Bei einem Ideen-Brainstorming in dem Kurs "Businessplan Development", welcher das Äquivalent zu dem Modul "Projektseminar Gründungsmanagement" in Göttingen darstellt, suchte Melvyn nach einer Lösung für sein eigenes Problem. Er wollte sich sein erstes Tattoo stechen lassen, wusste jedoch nicht, welche die richtige Stelle und das passende Motiv für ein Tattoo auf Lebenszeit wäre. Nach intensiver Recherche stieß er auf die Pflanze „Genipa Americana“, deren Fruchtextrakt die erste Hautschicht eines Menschen für ca. zwei Wochen schwarz-blau färbt und mit der natürlichen Erneuerung der Haut verblasst. Südamerikanische Ureinwohner verwenden diese Farbe schon seit Jahrtausenden für Körpermalereien. Mit "Inkster" arbeiten wir nun gemeinsam daran, ein echt aussehendes Zwei-Wochen-Tattoo nach Europa zu bringen.

Sich bereits während des Studiums selbstständig zu machen bzw. an einer Idee zu arbeiten macht Sinn, weil man unglaublich viel über sich selbst und für die berufliche Karriere lernt. Außerdem ist der gesellschaftliche Druck nicht vorhanden, da man hauptberuflich Student ist. Diesen Weg wählen wir als Alternative zu dem klassischen Weg eines Absolventen, vor allem weil wir von einer deutlich steileren Lernkurve profitieren, die Motivation größer ist, und die Grenzen selber gesetzt werden können.


Inwiefern wurden/ werden Sie durch Einrichtungen der Universität Göttingen wie z.B. die Gründungsförderung bzw. den SNIC unterstützt?
Das Projekt wurde in den Pre-Inkubator des Südniedersachen-Innovationscampus (SNIC) aufgenommen und wird seitdem durch die Gründungsförderung der Universität begleitet und gefördert. Dr. Anna Maria Beck (Start-up Coach Pre-Inkubator) und Martin Stammann (Teamleitung Gründungsförderung) helfen uns bei der Geschäftsmodell- und Businessplan-Entwicklung sowie der Beschaffung von Finanzmitteln. Außerdem haben wir durch den SNIC den Zugriff auf das Netzwerk der gesamten Südniedersachsen-Stiftung und können die Büroflächen des SNIC nutzen.


Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?
Innerhalb eines Jahres konnten wir auf den Social-Media-Plattformen Instagram und Pinterest knapp 40.000 Follower aufbauen und von diesen lernen. In Zukunft werden wir überwiegend mit Social-Media-Marketing die Zwei-Wochen-Tattoos in einem Online-Shop verkaufen. Neben tausenden vorgefertigten Designs von Tattoo-Künstler*innen aus der ganzen Welt ist eine Software geplant, welche es den Kund*innen ermöglicht, ein Foto des gewünschten Tattoos hochzuladen und als Zwei-Wochen-Tattoo zu erwerben. Zu einem erfolgreichen Unternehmen gehört natürlich auch genug Umsatz, um das eigene Leben und das weiterer Mitarbeiter*innen zu finanzieren. Daran arbeiten wir.


Denken Sie an Ihre Studienzeit in Göttingen zurück...
Die Studienzeit in Göttingen war bis jetzt die lehrreichste und gleichzeitig schönste Zeit in unserem Leben. Göttingen ist eine sehr gute Wahl für ein Bachelorstudium, da es durch die Größe der Stadt und die vielen Studierenden leicht ist, sich ein soziales Umfeld aufzubauen. Gleichzeitig genießt man jedoch alle Vorteile einer Großstadt. Wir würden Göttingen immer wieder wählen.


Vielen Dank für das Gespräch.


Darüber hinaus sind beim diesjährigen LIFT-OFF-Gründungswettbewerbs noch weitere Projekte ausgezeichnet worden, an denen Studierende der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät beteiligt sind:

  • Publikumspreis Wissenschaft: VineForecast
    Ein BWL-Student und ein Absolvent der Meteorologie entwickeln eine App, um im Weinbau das Auftreten von Rebkrankheiten individuell vorhersagen zu können.

  • Sonderpreis Social Entrepreneurship: Honigfarm
    Der Preis für nachhaltiges und soziales Handeln in der Kategorie „Social Entrepreneurship“ ging an das Team „Honigfarm“: Elf Studierende der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät möchten gemeinsam mit Enactus Göttingen e.V. die Imkerei als zweites finanzielles Standbein für Kakaobauern an der Elfenbeinküste fördern.


Die Preisverleihung fand am 14. Juli 2020 online statt: Weitere Informationen (Weiterleitung zur Webseite der Universität Göttingen)