Eine Kooperation zwischen dem Zentrum für komparatistische Studien, Universität Göttingen, dem Institut für Kartografie, ETH Zürich und der Gebert Rüf Stiftung, Basel

Gefördert von der VolkswagenStiftung

Ort: Seminarraum im Historischen Gebäude der SUB, Papendiek 14

Es handelt sich um eine Arbeitstagung, die aber allen Interessierten offen steht.

Thema
Wo spielt Literatur? Diese vermeintlich simple Frage eröffnet ein erst in Ansätzen etabliertes Forschungsgebiet, das sich im Zusammenspiel von Literaturwissenschaft und Kartographie konstituiert und sich unter dem Stichwort «Literaturgeographie» resümieren lässt.
Jede literarische Handlung ist irgendwo lokalisiert, wobei die Skala von gänzlich imaginären bis hin zu realistisch gezeichneten Schauplätzen mit hohem Wiedererkennungswert reicht. Literatur weist somit eine spezifische Geographie auf, die bislang nicht zusammenhängend beleuchtet worden ist: Wo und wann tauchen welche Landschaften und Städte auf der literarischen Landkarte Europas auf? Und wann sinken sie wieder in die Bedeutungslosigkeit ab, zu welchem Zeitpunkt ist ihr poetisches Potential ausgereizt? Gibt es gänzlich unliterarisierte Landstriche, und wenn ja, weshalb? Unter welchen historisch-politischen Bedingungen (zu denken ist etwa an Kriegs- und Krisenzeiten) schrumpft der Imaginations-Raum der Literatur; unter welchen dehnt er sich aus?

Das interdisziplinär ausgerichtete Symposium soll Expertinnen und Experten zusammenführen, von denen richtungweisende Impulse für eine künftige Literaturgeographie zu erwarten sind. Die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen Räumen der Fiktion und realem Raum sollen ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt werden. Da fiktionale Räume niemals einfach mimetische Abbilder der Realität sind – auch wenn sie sich auf existierende Landschaften und Städte beziehen – müssen die poetologischen Verfahren von Verfremdung, Überblendung, Relokalisierung, Neu-Benennung, die Kombinationsmöglichkeiten von realen Orten mit fiktiven Elementen u. v. m. in die Visualisierungskonzepte und Deutungen einfließen.

Der Gedankenaustausch soll konkret zu einer präziseren Definition des Forschungsfeldes beitragen: Was kann sinnvoll unter „Literaturgeographie“ verstanden werden, und was vermag sie zu leisten? Wie macht man Räume der Fiktion in adäquater Weise kartographisch sichtbar? Der Ansatz ist ein betont komparatistischer und soll eine Neu-Konzeption einer europäischen, vergleichenden Literaturgeschichte erlauben.


Organisation
Prof. Dr. Heinrich Detering, Universität Göttingen, Zentrum für komparatistische Studien (Direktor)
Dr. Barbara Piatti, Institut für Kartografie, ETH Zürich
Dr. Annette Gilbert, Universität Göttingen, Zentrum für
komparatistische Studien (Koordinatorin)

Kontakt
Prof. Dr. Heinrich Detering
Universität Göttingen
Seminar für Deutsche Philologie
Käte-Hamburger-Weg 3
D-37073 Göttingen
Telefon ++49-551-39 12450
Telefax ++49-551-39 7511
detering@phil.uni-goettingen.de

Anmeldung
Petra Urland
purland@gwdg.de

Programm (Flyer zum Download)
Donnerstag, 4. Oktober 2007
18 Uhr
• Begrüßung: Heinrich Detering, Göttingen
• Podiumsdiskussion: «Mapping literature: Establishing an interdisciplinary research agenda for literary geography» (William Cartwright, Melbourne; Heinrich Detering, Göttingen; Lorenz Hurni, Zürich; Franco Moretti, Stanford; Barbara Piatti, Zürich) (Diskussion in englisch)


Freitag, 5. Oktober 2007
10 Uhr – 13 Uhr
Thema:
Literatur und Raum: «Territorien der Theorie»


• Christoph König, Osnabrück: «Raum-Spekulationen in den Literaturgeschichten der Moderne: Wissenschaftsgeschichtliche Überlegungen»
• Frank Zipfel, Mainz: «Literarische Orte – fiktionstheoretisch betrachtet»
• Julia Lossau, Berlin: «Literarische Räume aus kulturgeographischer Perspektive»
• Armin von Ungern-Sternberg, Mainz: «Karten des Erzählens»

14. 30 Uhr – 17. 30 Uhr
Thema:
Literaturgeographische Modell-Studien (im Horizont eines künftigen «Literarischen Atlas Europas»): Resümees und Perspektivierungen I


• Barbara Piatti, Zürich: «Fictionalized landscape: Lake Lucerne and Mount Gotthard as hot spots of world literature»
• Heinrich Detering, Göttingen: «A literary landscape emerges: The west coast of Schleswig-Holstein in 19th and 20th century»
• Milan Tvrdík, Prag: «Mythos Prag: Komplexer Modellfall einer urbanen literarischen Topographie»
• Charles Travis, Dublin: «Geographies in 1930s Ireland: Lifeworlds, Chronotopes and Landscapes»


Samstag, 6. Oktober 2007
10 Uhr – 13 Uhr
Thema:
Potentiale der Literaturgeographie aus Sicht der Kartographen


• Lorenz Hurni, Zürich: «The Power of Cartography: Concepts, methods, and models for static and interactive maps»
• William Cartwright, Melbourne: «Multimedia and mapping of fictional settings»
• Hansrudolf Bär/Barbara Piatti: «Rendering imprecise geography: Tools and techniques to map literary spaces»

14. 30 Uhr – 17. 30 Uhr
Thema:
Literaturgeographische Modell-Studie: Resümees und Perspektivierungen II


• Susanne Frank, Konstanz: «Sibirien als russischer und europäischer Imaginationsraum»
• Ulrich Schmid, St. Gallen: «Cognitive mapping in Dostoevsky’s Crime and Punishment: St. Petersburg and Russia as geoideological spaces»
• Johan Schimanski, Tromsø: «Can Scandinavian borders be mapped? Can literature map borders?»
• Christina Ljungberg, Zürich: «Cartographic Strategies in Contemporary Fiction»


Sonntag, 7. Oktober 2007
10 Uhr: Schlussdiskussion im Plenum