Die Volkswirtschaftslehre beschäftigt sich mit der Frage, wie eine Gesellschaft mit ihren knappen Ressourcen umgeht. So muss eine Gesellschaft z.B. entscheiden, wie viel ihres Bodens sie als Industrie- und wie viel sie als Naturschutzgebiete ausweist. Will eine Gesellschaft Wachstum um jeden Preis, oder ist ihr der Umweltschutz ein Anliegen? Arbeitskräfte benötigen Jobs: Wer soll in der Landwirtschaft und wer in der Telekommunikation arbeiten? Finden überhaupt alle eine Arbeit? Wer bekommt den Kredit, die neugegründete Softwarefirma oder das etablierte Stahlunternehmen? Sind die Güter einmal produziert, müssen sie verteilt werden: Wer zieht in die Villa und wer in die Sozialwohnung? Wer darf im Krankenhaus ins Einbettzimmer, und wer muss mit der allgemeinen Klasse Vorlieb nehmen?

Derartige Entscheidungen werden durch das Zusammenspiel vieler Individuen getroffen. Entsprechend analysiert die Volkswirtschaftslehre zunächst die Entscheidungen der einzelnen Wirtschaftseinheiten, d.h. der Haushalte und der Firmen. Welche Güter kaufen Haushalte, und wie viel sparen sie? Legen sie ihr Erspartes auf das Sparkonto, oder aber kaufen sie Aktien? Wann investieren Firmen, und wie viele neue Arbeitskräfte stellen sie ein? In einem nächsten Schritt untersucht die Volkswirtschaftslehre, wie diese Vielzahl von Entscheidungen miteinander koordiniert wird. So stehen sich auf dem Arbeitsmarkt die Haushalte als Anbieter und die Unternehmen als Nachfrager gegenüber und bestimmen den Lohn. Mit diesem Lohn als Einkommen kaufen die Haushalte die Güter der Firmen, wodurch letztendlich die Güterpreise bestimmt werden.

Schließlich betrachtet die Volkswirtschaftslehre die Wirtschaft als Ganzes aus der Vogelperspektive, um gesamtwirtschaftliche Probleme des Wachstums, der Arbeitslosigkeit, des Geldwertes und des Außenhandels zu lösen. Wie wirkt sich die Einführung des Euros auf den US-Dollar aus? Führt die Globalisierung wirklich zu mehr Wachstum oder doch nur zur Verdrängung einheimischer Firmen? Wie können die Entwicklungsländer zu den industrialisierten Staaten aufschließen?

Vernetztes Denken für eine komplexe Realität

Wer bei der Lösung der oben aufgeführten Fragen und Probleme mitarbeiten will, wird auf ein Studium der Volkswirtschaftslehre nicht verzichten können. Ein volkswirtschaftliches Studium ermöglicht ein umfassendes und wissenschaftlich fundiertes Verständnis der großen Gesellschaftsfragen der Gegenwart. Regierungen stützen sich regelmäßig bei der Entwicklung ihrer Politik auf die Analysen und Empfehlungen von Volkswirten. Die wichtigsten wirtschaftspolitischen Berater von Regierungen, die großen internationalen Entwicklungsorganisationen (z.B. UN, Weltbank, Internationaler Währungsfond) sowie die wirtschaftspolitischen Expertenkommissionen, setzen sich zum Großteil aus Volkswirten zusammen.

Verlässliche Aussagen auf komplexe Fragen zu finden, setzt eine gründliche Ausbildung des Denkens in globalen Zusammenhängen, und das heißt immer auch in Modellen, voraus, wie es für das volkswirtschaftliche Studium typisch ist. Der hohe Anspruch der Volkswirtschaftslehre geht einher mit besonders hohen Anforderungen an die Studierenden des Faches. Die Leidenschaft, komplexe Sachverhalte zu ergründen und Probleme mit neuen Ansätzen zu lösen, ist daher unabdingbare Vorraussetzung für ein volkswirtschaftliches Studium.

Literaturhinweise
Die folgenden Bücher ermöglichen einen einfachen und manchmal auch humorvollen Einblick in die Fragestellungen und Denkweise der modernen Volkswirtschaftslehre. Pflichtlektüre für alle angehenden Ökonomen.


  • Hanno Beck: Der Alltagsökonom
  • Pietra Rivoli: Reisebericht eines T-Shirts. Ein Alltagsprodukt erklärt die Weltwirtschaft
  • Steven D. Levitt: Freakonomics. Überraschende Antworten auf alltägliche Lebensfragen
  • Paul Strathern: Schumpeters Reithosen. Die genialsten Wirtschaftstheorien und ihre verrückten Erfinder